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Krebstherapie: Die 10 wichtigsten onkologischen Errungenschaften 2022

Geschrieben von Mediately
1. Juni 2023
7 Minuten
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Krebstherapie: Die 10 wichtigsten onkologischen Errungenschaften 2022 Image

Jedes Jahr bringt etwas Neues: Was sich in der Krebstherapie in den letzten Jahren getan hat, ist wirklich bemerkenswert. In diesem Artikel nennt ein praktizierender Onkologe die seiner Meinung nach 10 wichtigsten Errungenschaften des letzten Jahres auf dem Gebiet der Onkologie – Entwicklungen, die die Krebstherapie schon in naher Zukunft und auch in den kommenden Jahren entscheidend prägen werden.

1. Neue Entwicklungen in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen Cholangiokarzinoms (TOPAZ-1)

Zum ersten Mal ist es gelungen, in einer Phase‑III-Studie einen Überlebensvorteil in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen Cholangiokarzinoms aufzuzeigen. In der Phase-III-Studie TOPAZ-1 wurde die Anwendung des PD-L1-Antikörpers Durvalumab zusätzlich zu Gemcitabin und Cisplatin mit einer alleinigen Gemcitabin-Cisplatin-Kombinationschemotherapie verglichen.

Die Ergebnisse zeigten eine Verbesserung des Gesamtüberlebens (12,8 vs. 11,5 Monate) und des progressionsfreien Überlebens (7,2 vs. 5,7 Monate). Die Inzidenz an unerwünschten Ereignissen Grad III und IV war vergleichbar (62,7 % vs. 64,9 %). Die Studienergebnisse lassen den Schluss zu, dass sich die Kombinationstherapie mit Durvalumab plus Gemcitabin und Cisplatin zur neuen Standard-Erstlinientherapie des fortgeschrittenen Gallenblasenkarzinoms entwickeln könnte.

Krebsbehandlung - Infusion

2. PD-1-Blockade in der Therapie des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms mit DNA-Mismatch-Reparaturdefizit (dMMR)

Eine Phase-II-Studie zum neoadjuvanten Einsatz von Dostarlimab über einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten kam zu einem erstaunlichen Ergebnis: Von den insgesamt 18 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom erzielten bemerkenswerte 14 eine Komplettremission – und dies ohne Grad‑III- oder Grad‑IV-Nebenwirkungen. An der Studie nahmen ausschließlich Patienten mit belegtem dMMR und Wildtyp-BRAF-V600 teil. Bei den meisten Patienten waren die lokalen Lymphknoten befallen, und die Hälfte der Patienten wies ein Lynch-Syndrom auf.

Obwohl es sich um eine Phase‑II-Studie mit einer kurzen medianen Nachbeobachtungsdauer (6,8 Monate) und einer begrenzten Stichprobengröße handelt, lassen die Ergebnisse auf einen bedeutenden Fortschritt in der Behandlung des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms hoffen.

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3. Behandlung des metastasierten „HER2-low“-Mamma­karzinoms

Für die Behandlung des HER2-positiven Mammakarzinoms mit ausgeprägter HER2-Expression gibt es bereits eine Reihe von therapeutischen Optionen. Die Wirksamkeit dieser Therapien bei „HER2-low“-Karzinomen, die sich durch eine unvollständige HER2-Expression auszeichnen, war allerdings bislang nicht zufriedenstellend.

In der Studie DESTINY-Breast04 ist es nun gelungen, mit dem Einsatz von Trastuzumab-Deruxtecan signifikante Veränderungen bei betroffenen Patientinnen aufzuzeigen. An der Studie nahmen 557 Patientinnen mit einem vorbehandelten metastasierten Mammakarzinom und schwacher HER2-Expression teil. Zwei Drittel der Patientinnen erhielten Trastuzumab-Deruxtecan, das übrige Drittel eine Standard-Chemotherapie. Die Patientinnen der Prüfgruppe zeigten ein signifikant besseres medianes progressionsfreies Überleben (10 vs. 5 Monate) und ein signifikant besseres medianes Gesamtüberleben (23,9 vs. 16,8 Monate) als die Patientinnen, die die Standard-Chemotherapie erhielten.

Ein Arzt behandelt Krebs

4. Neue Entwicklungen in der Therapie des HR-positiven/HER2-negativen Mammakarzinoms

Bei Sacituzumab-Govitecan handelt es sich um ein neuartiges Konjugat aus einem monoklonalen Antikörper gegen Trop-2 und aus SN-38, dem aktiven Metaboliten von Irinotecan. Die US-Zulassungsbehörde FDA hat Sacituzumab-Govitecan auf der Grundlage der Ergebnisse der ASCENT-Studie für die Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten triple-negativen Mammakarzinoms zugelassen. In der Studie TROPiCS-2 wurde nun die Wirksamkeit bei vorbehandelten Patientinnen mit hormonrezeptorpositivem und HER2-negativem Mammakarzinom geprüft.

Hierfür wurde Sacituzumab-Govitecan bei 543 Patientinnen mit einer Chemotherapie nach Wahl des behandelnden Arztes verglichen. In der Prüfgruppe wurde eine statistisch signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens (14,4 vs. 11,2 Monate) und des progressionsfreien Überlebens erzielt.

Krebsbehandlung - Körperscan

Neu: Aktualisierung der NCCN-Leitlinien zur Behandlung des Mammakarzinoms

Zwischen den verschiedenen CDK4/6-Inhibitoren (Inhibitoren der zyklinabhängigen Kinasen 4 und 6) bestehen Unterschiede in Bezug auf die Verlängerung des Gesamtüberlebens und die Auswirkungen auf die Lebensqualität. Diese Unterschiede sind wichtige Aspekte bei der klinischen Entscheidungsfindung. Im MONALEESA-Studienprogramm erzielten Patientinnen mit fortgeschrittenem Hormonrezeptor-positivem (HR+) und HER2-negativem Mammakarzinom, die als Erstlinientherapie KISQALI (Ribociclib) in Kombination mit einer Hormontherapie erhielten, ein Gesamtüberleben von mehr als fünf Jahren. Unter der Behandlung mit Ribociclib wurde auch ein Erhalt oder sogar eine Verbesserung der Lebensqualität beschrieben.

Dementsprechend finden sich in der diesjährigen Version der aktualisierten NCCN-Leitlinien zum Mammakarzinom einige wichtige Änderungen in Bezug auf CDK4/6-Inhibitoren. Diese Änderungen betreffen etwa Ribociclib, Palbociclib und Abemaciclib: Laut den aktualisierten Leitlinien ist Ribociclib in Kombination mit einem Aromatasehemmer nun in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen HR-positiven/HER2-negativen Mammakarzinoms der einzige CDK4/6-Inhibitor, der über eine Kategorie‑1-Empfehlung verfügt. Kategorie 1 ist in den NCCN-Leitlinien die höchste erreichbare Stufe einer evidenzbasierten Empfehlung. Palbociclib bzw. Abemaciclib in Kombination mit einem Aromatasehemmer wurden in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen HR-positiven/HER2-negativen Mammakarzinoms nun auf eine Empfehlung der Kategorie 2A herabgestuft.

„Als Ärztin und klinische Forscherin besteht mein Therapieziel beim metastasierten Mammakarzinom grundsätzlich darin, den Patientinnen mehr Zeit zu geben und gleichzeitig die Qualität dieser Zeit aufrechtzuerhalten.“ Das sagt die Medizinprofessorin Dr. Hope S. Rugo, Leiterin des Breast Oncology and Clinical Trials Education Program an der University of California. Beim letztjährigen ASCO-Kongress stellte Rugo die Ergebnisse einer vergleichenden Studie zur Behandlung des fortgeschrittenen HR-positiven/HER2-negativen Mammakarzinoms mit einem Aromatasehemmer plus Ribociclib bzw. Abemaciclib vor.

Krebsbehandlung bei einem Patienten

5. Ein neues Präparat zur Behandlung des metastasierten hormonabhängigen Prostatakarzinoms

Bei Darolutamid handelt es sich um einen Androgenrezeptor-Inhibitor der zweiten Generation, der auf der Grundlage der Ergebnisse der ARAMIS-Studie zur Behandlung des nichtmetastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms zugelassen wurde. In der Phase-III-Studie ARASENS wurde nun der Stellenwert von Darolutamid beim metastasierten hormonabhängigen Prostatakarzinom geprüft.

Die Anwendung von Darolutamid zusätzlich zu einer Androgendeprivationstherapie (ADT) und Docetaxel führte beim metastasierten hormonsensiblen Prostatakarzinom zu einer signifikanten Verbesserung des Gesamtüberlebens gegenüber der alleinigen Anwendung einer ADT plus Docetaxel. Ein Wert für das mediane Gesamtüberleben wurde in der Prüfgruppe im Auswertungszeitraum nicht erreicht. Die Anwendung der Dreifach-Kombinationstherapie reduzierte das Sterberisiko um 32,5 % und verzögerte das Auftreten einer Kastrationsresistenz, und dies bei einem vergleichbaren Sicherheitsprofil.

6. Adjuvante Immuntherapie in der Behandlung von Lungentumoren

Im September 2022 wurden weitere Ergebnisse der Phase-III-Studie IMPOWER-010 veröffentlicht. In dieser Studie wurde der adjuvante Einsatz von Atezolizumab mit der besten supportiven Behandlung verglichen. Das Patientenkollektiv bestand aus Patienten mit reseziertem nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom im Stadium IB–IIIA.

Die Analyse des Gesamtüberlebens zeigte einen vielversprechenden Trend in den Stadien II bis IIIA, wobei der Effekt mit der höchsten Signifikanz bei Patienten mit einer PD-L1-Expression von mehr als 50 % erzielt wurde. Bei Patienten mit Tumoren im Stadium IB gab es keinen signifikanten Unterschied im Überleben. Aufgrund der langen Nachbeobachtungsdauer in dieser Studie sind in der Zukunft weitere Analysen und ausgereiftere Daten zu erwarten.

7. Neue Entwicklungen in der Therapie des metastasierten Melanoms

Relatlimab ist ein neuartiger monoklonaler Antikörper, der als Inhibitor des LAG-3-Proteins wirkt (LAG 3: Lymphozytenaktivierungsgen 3). LAG-3 wird auf der Oberfläche von Immunzellen exprimiert und reduziert die Proliferation und die Effektivität von T-Zellen. In der Phase‑III-Studie RELATIVITY-047 wurde die Wirksamkeit von Relatlimab in Kombination mit Nivolumab bei Patienten mit zuvor unbehandeltem inoperablem oder metastasiertem Melanom im Vergleich mit der Nivolumab-Monotherapie geprüft.

Dabei wurde eine signifikante Verbesserung beim progressionsfreien Überleben erzielt (10,1 vs. 4,6 Monate). Hinsichtlich des Gesamtüberlebens wurde in beiden Gruppen kein Medianwert erreicht. Die Inzidenz an unerwünschten Ereignissen Grad III oder IV war in der Gruppe mit Relatlimab plus Nivolumab geringfügig höher (18,9 % vs. 9,7 %). Es wurden keine neuen Sicherheitssignale festgestellt.

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8. Neue Entwicklungen in der Erstlinientherapie des Zervixkarzinoms

Eine Neuerung in den Leitlinien 2022 für die Behandlung von gynäkologischen Krebserkrankungen ist die Einführung von Pembrolizumab in die Erstlinientherapie des Zervixkarzinoms. Gemäß den Ergebnissen der Phase‑III-Studie KEYNOTE-826 führte die zusätzliche Gabe von Pembrolizumab beim rezidivierten, persistierenden oder metastasierten Zervixkarzinom zu einer signifikanten Verbesserung. In der Studie KEYNOTE-826 wurde die Gabe von Pembrolizumab zusätzlich zu einer Chemotherapie (Paclitaxel + Cisplatin/Carboplatin) mit oder ohne Bevacizumab mit einer alleinigen Chemotherapie mit oder ohne Bevacizumab verglichen.

Dabei wurden die Mortalität um 33 % und das Progressionsrisiko um 35 % gesenkt. Der Nutzen der Immuntherapie hinsichtlich der Verlängerung des Gesamtüberlebens und des progressionsfreien Überlebens war unabhängig vom Einsatz von Bevacizumab und vom PD-L1-Status.

9. Neuartiger Impfstoff hilft bei der Behandlung des Glioblastoms

DCVax-L ist ein neuartiger Impfstoff auf der Grundlage von dendritischen Zellen, die den Patienten mittels Leukapherese entnommen und anschließend durch In-vitro-Inkubation mit patienteneigenem Tumorgewebe aktiviert werden. Die aktivierten dendritischen Zellen werden subkutan in der Nachbarschaft ausgewählter Lymphknoten injiziert und aktivieren dort die Immunreaktion. In einer Phase‑III-Studie wurde die Anwendung dieses Impfstoffs zusätzlich zur Standardtherapie bei Patienten mit neu diagnostiziertem oder rezidiviertem Glioblastom mit der alleinigen Standardtherapie verglichen.

Die Ergebnisse zeigten eine Verbesserung des Gesamtüberlebens beim neu diagnostizierten Glioblastom (19,3 vs. 16,5 Monate) sowie beim rezidivierten Glioblastom (13,2 vs. 7,8 Monate). Das Sicherheitsprofil war günstig.

Krebsbehandlung mit einer neuen Art von Impfstoff

10. Die Anwendung von Cisplatin in der simultanen Radiochemotherapie des Kopf-Hals-Karzinoms

Eine interessante Studie auf dem Gebiet des Kopf-Hals-Karzinoms war 2022 die Phase‑III-Studie ConCERT bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom des Kopfes oder des Halses. In dieser Studie wurden wöchentliche und dreiwöchentliche Intervalle der Anwendung von Cisplatin im Rahmen einer simultanen Radiochemotherapie miteinander verglichen.

Derzeit ist die dreiwöchentliche Gabe von Cisplatin die Standardbehandlung für diese Patientengruppe. In der ConCERT-Studie konnte jedoch gezeigt werden, dass die wöchentliche Gabe von Cisplatin der Standardbehandlung nicht unterlegen ist und eine signifikant bessere Behandlungstoleranz mit weniger Unterbrechungen, Hospitalisationen und Toxizitäten aufweist. Dies deutet darauf hin, dass sich dieser Ansatz als neuer Behandlungsstandard etablieren könnte.

Verfasser: Gordan Adžić, Facharzt für internistische Onkologie im KBC Zagreb

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