Extavia® 250 Mikrogramm/ml, Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung
Laktose: Nein
Extavia ist indiziert zur Behandlung von:
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Patienten mit erstmaligem demyelisieren- dem Ereignis mit aktivem entzündlichem Prozess, wenn dieses Ereignis schwer genug ist, um eine intravenöse Kortiko- steroidtherapie zu rechtfertigen, wenn mögliche Differenzialdiagnosen ausge- schlossen wurden und wenn bei diesen Patienten der Beurteilung zufolge ein ho- hes Risiko für das Auftreten einer klinisch gesicherten Multiplen Sklerose besteht (siehe Abschnitt 5.1).
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Patienten mit schubweise verlaufender Multipler Sklerose, die in den letzten zwei Jahren zwei oder mehr Schübe durch- gemacht haben.
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Patienten mit sekundär progredient ver- laufender Multipler Sklerose, die sich in einem akuten Krankheitsstadium befin- den, d. h. klinische Schübe erfahren.
Die Therapie mit Extavia sollte unter der Aufsicht eines mit der Behandlung der Krank- heit erfahrenen Arztes begonnen werden.
Dosierung
Erwachsene und Jugendliche von 12 – 17 Jahren
Die empfohlene Dosis Extavia beträgt 250 Mikrogramm (8,0 Mio. IE), enthalten in 1 ml der rekonstituierten Lösung (siehe Ab- schnitt 6.6), die jeden zweiten Tag subkutan injiziert wird.
Im Allgemeinen wird zu Beginn der Therapie eine Auftitrierung der Dosis empfohlen.
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Die Behandlung sollte mit einer Dosis von 62,5 Mikrogramm (0,25 ml) begonnen wer- den, die subkutan jeden zweiten Tag ver- abreicht wird. Anschließend sollte die Dosis langsam auf 250 Mikrogramm (1,0 ml) jeden zweiten Tag gesteigert werden (siehe Tabel- le A). Sollten erhebliche unerwünschte Wir- kungen auftreten, kann die Titrationsphase angepasst werden. Um eine adäquate Wirk-
samkeit zu erzielen, sollte eine Dosis von 250 Mikrogramm (1,0 ml) jeden zweiten Tag erreicht werden.
Tabelle A Schema für die Dosistitration*
Behand- lungstag | Dosis | Volumen |
1, 3, 5 | 62,5 Mikrogramm | 0,25 ml |
7, 9, 11 | 125 Mikrogramm | 0,5 ml |
13, 15, 17 | 187,5 Mikrogramm | 0,75 ml |
≥ 19 | 250 Mikrogramm | 1,0 ml |
* Sollten erhebliche unerwünschte Wirkun- gen auftreten, kann die Titrationsphase angepasst werden.
Die optimale Dosis ist nicht eindeutig geklärt.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist nicht be- kannt, wie lange behandelt werden sollte. Es liegen Nachbeobachtungsdaten aus kon- trollierten klinischen Prüfungen zu Patienten mit schubweise verlaufender Multipler Skle- rose über bis zu 5 Jahren und zu Patienten mit sekundär progredienter Multipler Skle- rose über bis zu 3 Jahren vor. Bei schub- weise verlaufender Multipler Sklerose hat sich eine Wirksamkeit der Therapie über die ersten 2 Jahre gezeigt. Die verfügbaren Daten für die folgenden 3 Jahre stimmen überein mit der anhaltenden Wirksamkeit von Extavia über den gesamten Zeitraum.
Bei Patienten mit erstmaligem auf eine Multi- ple Sklerose hinweisendem klinischen Er- eignis wurde die Wirksamkeit über einen Zeitraum von drei Jahren nachgewiesen.
Bei schubweise verlaufender Multipler Skle- rose mit weniger als zwei Schüben in den letzten zwei Jahren wird eine Behandlung mit Extavia nicht empfohlen. Ebenso wenig wird die Behandlung mit Extavia empfohlen bei Patienten mit sekundär progredient ver- laufender Multipler Sklerose, bei denen es in den letzten 2 Jahren zu keinem akuten Krankheitsgeschehen gekommen ist.
Wenn der Behandlungserfolg ausbleibt, z. B. wenn über einen Zeitraum von sechs Mona- ten eine kontinuierliche Zunahme des Ex- panded Disability Status Scale (EDSS) Wer- tes eintritt oder wenn trotz Extavia-Behand- lung eine Therapie mit adrenocorticotropem Hormon (ACTH) oder Kortikosteroiden mit drei oder mehr Behandlungszyklen inner- halb eines Jahres erforderlich wird, sollte die Behandlung mit Extavia beendet werden.
Kinder und Jugendliche
Es wurden keine klinischen oder pharma- kokinetischen Studien bei Kindern oder Jugendlichen durchgeführt. In begrenztem Umfang vorliegende veröffentlichte Daten deuten jedoch darauf hin, dass das Sicher- heitsprofil bei Jugendlichen von 12 – 17 Jah- ren, denen Extavia 8,0 Mio. IE jeden zweiten Tag subkutan injiziert wird, ähnlich ist wie bei Erwachsenen. Zur Anwendung von Extavia bei Kindern unter 12 Jahren liegen keine Daten vor, daher sollte Extavia bei dieser Patientenpopulation nicht angewendet wer- den.
Art der Anwendung
Die rekonstituierte Lösung wird jeden zwei- ten Tag subkutan injiziert.
Hinweise zur Rekonstitution des Arzneimit- tels vor der Anwendung, siehe Abschnitt 6.6.
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Überempfindlichkeit gegen natürliches oder rekombinantes Interferon beta, Humanalbumin oder einen der in Ab- schnitt 6.1 genannten sonstigen Be- standteile.
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Patienten mit bestehenden schweren Depressionen und/oder Suizidneigungen (siehe Abschnitt 4.4 und Abschnitt 4.8).
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Bei Patienten mit dekompensierter Le- berinsuffizienz (siehe Abschnitte 4.4, 4.5
und 4.8).
Rückverfolgbarkeit
Um die Rückverfolgbarkeit biologischer Arz- neimittel zu verbessern, müssen die Be- zeichnung des Arzneimittels und die Char- genbezeichnung des angewendeten Arz- neimittels eindeutig dokumentiert werden.
Erkrankungen des Immunsystems
Die Gabe von Zytokinen bei Patienten mit vorbestehender monoklonaler Gammopa- thie wurde in Zusammenhang gebracht mit der Entwicklung eines Capillary-Leak-Syn- droms mit schockähnlichen Symptomen und tödlichem Ausgang.
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Unter Extavia wurden Fälle von Pankreatitis festgestellt, die oft mit einer Hypertriglyzerid- ämie einherging.
Erkrankungen des Nervensystems
Extavia sollte mit Vorsicht angewendet wer- den bei Patienten mit vorbestehenden oder aktuellen depressiven Störungen, insbeson- dere bei Patienten mit früher vorhandener Suizidneigung (siehe Abschnitt 4.3). Es ist bekannt, dass Depression und Suizidnei- gung bei Patienten mit Multipler Sklerose und Interferon-Behandlung vermehrt auftre- ten. Patienten, die mit Extavia behandelt werden, sollen angewiesen werden, Symp- tome einer Depression oder Suizidneigung unmittelbar ihrem behandelnden Arzt zu be- richten. Patienten, die an Depression leiden, sollten während der Therapie mit Extavia engmaschig beobachtet und entsprechend behandelt werden. Gegebenenfalls ist ein Abbruch der Extavia-Behandlung in Be- tracht zu ziehen (siehe Abschnitt 4.3 und Abschnitt 4.8).
Extavia sollte mit Vorsicht angewendet wer- den bei Patienten mit Krampfanfällen in der Anamnese, bei Patienten, die mit Antiepilep- tika behandelt werden und besonders bei solchen Patienten mit Epilepsie, die nicht adäquat mit Antiepileptika kontrolliert wer- den (siehe Abschnitt 4.5 und Abschnitt 4.8).
Dieses Arzneimittel enthält Humanalbumin und birgt daher ein potenzielles Risiko der Übertragung viraler Erkrankungen. Das theoretische Risiko für die Übertragung der Creutzfeld-Jacob-Krankheit (CJK) kann nicht ausgeschlossen werden.
Labortests
Regelmäßige Schilddrüsenfunktionstests werden empfohlen bei Patienten mit einer Funktionsstörung der Schilddrüse in der Anamnese oder bei medizinischer Indikation.
Es wird empfohlen, neben den norma- lerweise im Rahmen der Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose erforderli- chen Labortests, vor Behandlungsbeginn sowie in regelmäßigen Abständen während der Behandlung mit Extavia ein großes Blut- bild einschließlich differenzieller Bestim- mung der Leukozytenzahlen und Bestim- mung der Thrombozytenzahlen zu erstellen und klinisch-chemische Parameter ein- schließlich Leberwerte (z. B. Aspartat-Ami- notransferase, AST [Serum-Glutamat-Oxal- acetat-Transaminase, SGOT], Alanin-Ami- notransferase, ALT [Serum-Glutamat-Pyru- vat-Transaminase, SGPT] und gamma-Glu- tamyl-Transferase) zu bestimmen. Auch beim Fehlen klinischer Symptome sollten diese Tests anschließend periodisch fortge- setzt werden.
Bei Patienten mit Anämie, Thrombopenie oder Leukopenie (allein oder in Kombination) ist möglicherweise eine häufigere Kontrolle von großem Blutbild, einschließlich Differen- zialblutbild und Thrombozytenzahlen erfor- derlich. Patienten, bei denen sich eine Neu- tropenie entwickelt, sollten engmaschig hin- sichtlich des Auftretens von Fieber oder eines Infektes beobachtet werden. Über Thrombopenie mit massiv verringerter Thrombozytenzahl wurde berichtet.
Leber- und Gallenerkrankungen
Während klinischer Studien traten bei mit Extavia behandelten Patienten sehr häufig asymptomatische – zumeist leichte und vo- rübergehende – Erhöhungen der Transami- nasenwerte auf. Bei Patienten unter Therapie mit Extavia wurden – wie auch für andere Interferone – über Fälle schwerer Leberschä- digung einschließlich Leberversagen berich- tet. Die schwerwiegendsten Fälle traten häu- fig bei Patienten auf, die andere mit Leber- toxizität assoziierte Medikamente oder Sub- stanzen erhielten oder bei Bestehen gleich- zeitiger Erkrankungen (z. B. metastasierende maligne Erkrankungen, schwere Infektionen und Sepsis oder Alkoholmissbrauch).
Patienten müssen auf Anzeichen von Leber- versagen hin überwacht werden. Erhöhte Transaminasenwerte müssen engmaschig kontrolliert werden. Bei signifikanter Erhö- hung oder wenn Symptome auftreten, die mit klinischen Symptomen wie Gelbsucht assoziiert sind, muss in Erwägung gezogen werden, Extavia abzusetzen. Sind klinische Anzeichen eines Leberschadens nicht vor- handen und die Leberenzymwerte wieder im Normbereich, kann erwogen werden, wieder mit der Therapie zu beginnen. Im weiteren Therapieverlauf muss die Leberfunktion sorgfältig überwacht werden.
Thrombotische Mikroangiopathie (TMA) und hämolytische Anämie (HA)
Bei der Behandlung mit Interferon-beta- Arzneimitteln wurden Fälle von thrombo- tischer Mikroangiopathie, die sich als thrombotisch-thrombozytopenische Purpu- ra (TTP) oder hämolytisch-urämisches Syn- drom (HUS) manifestierten, einschließlich Fälle mit Todesfolge, berichtet. Zu den frü- hen klinischen Zeichen gehören Thrombo- zytopenie, Neuauftreten einer Hypertonie, Fieber, ZNS-Symptome (z. B. Verwirrtheit, Parese) und eingeschränkte Nierenfunktion. Zu den Laborbefunden, die auf TMA hinwei-
sen können, gehören verminderte Throm- bozytenzahlen, erhöhter Serum-Laktatde- hydrogenase(LDH)-Spiegel aufgrund von Hämolyse sowie Schistozyten (fragmentier- te Erythrozyten) im Blutausstrich. Daher werden beim Beobachten klinischer Zei- chen einer TMA weitere Untersuchungen des Thrombozytenspiegels, der Serum- LDH, des Blutausstriches und der Nieren- funktion empfohlen. Zusätzlich wurden Fälle von HA, die nicht mit TMA assoziiert sind, einschließlich Immun-HA, bei Interferon- Beta-Produkten berichtet. Lebensbedroh- liche und tödliche Fälle wurden gemeldet. Fälle von TMA und/oder HA wurden zu ver- schiedenen Zeitpunkten während der Be- handlung gemeldet und können mehrere Wochen bis mehrere Jahre nach Beginn der Behandlung mit Interferon beta auftreten. Bei Diagnose einer TMA und/oder einer HA und wenn ein Zusammenhang mit Extavia vermutet wird, ist eine umgehende Behand- lung (im Fall einer TMA ggf. mit Plasmaaus- tausch) erforderlich und ein sofortiges Ab- setzen von Extavia wird empfohlen.
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz sollte die Anwendung von Interferon beta mit Vorsicht erfolgen und es sollte eine engma- schige Überwachung dieser Patienten in Betracht gezogen werden.
Nephrotisches Syndrom
Fälle von nephrotischem Syndrom mit ver- schiedenen zugrunde liegenden Nephro- pathien, einschließlich fokal-segmentaler Glomerulosklerose (FSGS), Minimal Change Disease (MCD), membranoproliferativer Glo- merulonephritis (MPGN) und membranöser Glomerulonephritis (MGN), wurden während der Behandlung mit Interferon-beta-Pro- dukten berichtet. Die Ereignisse wurden zu verschiedenen Zeitpunkten während der Behandlung gemeldet und können nach mehrjähriger Behandlung mit Interferon beta auftreten. Regelmäßige Überwachung auf frühe Anzeichen oder Symptome, z. B. Öde- me, Proteinurie und eingeschränkte Nieren- funktion, besonders bei Patienten mit er- höhtem Risiko für eine Nierenerkrankung, wird empfohlen. Eine sofortige Behandlung des nephrotischen Syndroms ist erforder- lich und ein Abbruch der Extavia-Behand- lung sollte erwogen werden.
Herzerkrankungen
Extavia sollte bei Patienten mit vorbestehen- den Herzerkrankungen mit Vorsicht ange- wendet werden. Patienten mit vorbestehen- der relevanter Herzerkrankung wie Herz- insuffizienz, koronarer Herzkrankheit oder Herzrhythmusstörungen sollten insbeson- dere zu Beginn der Behandlung mit Extavia auf eine Verschlechterung des kardialen Zustands überwacht werden.
Extavia besitzt zwar keine bekannte direkte kardiotoxische Wirkung, die Symptome des mit Beta-Interferonen einhergehenden grip- peähnlichen Syndroms können sich für Pa- tienten mit vorbestehender relevanter Herz- erkrankung jedoch als belastend erweisen. Im Rahmen der Postmarketing-Phase gin- gen sehr selten Berichte über eine tempo- räre Verschlechterung des kardialen Zu- stands zu Beginn der Therapie mit Extavia
bei Patienten mit vorbestehender relevan- ter Herzerkrankung ein.
Fälle von Kardiomyopathie wurden berichtet. Wenn ein solcher Fall eintritt und der Ver- dacht eines Zusammenhangs mit Extavia besteht, soll die Behandlung abgebrochen werden.
Überempfindlichkeitsreaktionen
Schwere Überempfindlichkeitsreaktionen (schwere akute Reaktionen wie Broncho- spasmus, Anaphylaxie und Urtikaria) kön- nen auftreten. Bei schweren Reaktionen sol- len die Behandlung mit Extavia abgebro- chen und geeignete ärztliche Maßnahmen ergriffen werden.
Reaktionen an der Injektionsstelle
Bei Patienten, die Extavia anwenden, sind Reaktionen an der Injektionsstelle, ein- schließlich Infektionen und Nekrosen an der Injektionsstelle, berichtet worden (siehe Abschnitt 4.8). Nekrosen an der Injektions- stelle können ausgedehnt sein und sich bis in die Muskelfaszie und das Fettgewebe er- strecken und deshalb zur Narbenbildung führen. Gelegentlich sind Abtragungen ne- krotischen Gewebes und seltener Haut- transplantationen erforderlich. Die Wund- heilung kann bis zu 6 Monate dauern.
Tritt beim Patienten eine Hautläsion auf, die mit Schwellung oder Flüssigkeitsabsonde- rung aus der Injektionsstelle verbunden sein kann, soll der Patient den Arzt konsultieren, bevor er die Extavia-Injektionen fortsetzt.
Falls bei dem Patienten mehrere Läsionen bestehen, sollte die Behandlung mit Extavia bis zur Abheilung der Läsion unterbrochen werden. Patienten mit einzelnen Läsionen können, vorausgesetzt die Nekrose ist nicht zu ausgedehnt, die Behandlung mit Extavia fortsetzen, da bei einigen Patienten eine Abheilung der Nekrosen während der Be- handlung mit Extavia stattgefunden hat.
Um das Risiko des Entstehens von Infektio- nen und Nekrosen an den Injektionsstellen zu minimieren, sollen Patienten unterrichtet werden über:
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Anwendung einer aseptischen Injek- tionstechnik,
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Wechsel der Injektionsstelle bei jeder Applikation.
Die Inzidenz von Reaktionen an der Injek- tionsstelle lässt sich durch Anwendung ei- nes Autoinjektors vermindern. In der pivota- len Studie zu Patienten mit erstmaligem auf eine Multiple Sklerose hinweisenden klini- schen Ereignis wurde von der Mehrzahl der Patienten ein Autoinjektor angewendet. In dieser Studie wurden Reaktionen an der Injektionsstelle und Nekrosen seltener be- obachtet als in den anderen pivotalen Stu- dien.
Der Vorgang der Selbstinjektion durch den Patienten soll regelmäßig überprüft werden, besonders dann, wenn Reaktionen an den Injektionsstellen aufgetreten sind.
Immunogenität
Wie bei allen therapeutisch angewandten Proteinen kann es potenziell zu einer Immu- nogenität kommen. In kontrollierten klini- schen Prüfungen wurden alle 3 Monate Se- rumproben entnommen, um zu kontrollieren,
ob Antikörper gegen Extavia aufgetreten waren.
In den unterschiedlichen kontrollierten klini- schen Prüfungen trat bei 23 % bis 41 % der Patienten im Serum eine Interferon-beta-1b- neutralisierende Aktivität auf, die durch min- destens zwei aufeinanderfolgende positive Titer bestätigt wurde. Von diesen Patienten wechselten zwischen 43 % und 55 % wäh- rend der darauf folgenden Beobachtungs- phase der jeweiligen Studie auf einen stabi- len negativen Antikörper-Status (auf der Ba- sis von zwei aufeinanderfolgenden Antikör- per-Titern).
Die Entwicklung einer neutralisierenden Aktivität ist assoziiert mit einem Rückgang der klinischen Wirksamkeit, jedoch aus- schließlich in Bezug auf die Schubhäufigkeit. Einige Analysen lassen vermuten, dass dieser Effekt bei Patienten mit höheren Ti- tern von neutralisierender Aktivität stärker ausgeprägt sein könnte.
In der Studie an Patienten mit erstmaligem auf eine Multiple Sklerose hinweisenden klinischen Ereignis wurde im Rahmen der alle 6 Monate vorgenommenen Bestimmun- gen bei den jeweiligen Besuchen bei 32 %
(89) der sofort mit Extavia behandelten Pa- tienten mindestens einmal eine neutralisie- rende Aktivität nachgewiesen. Basierend auf der letzten verfügbaren Auswertung, kehrten von diesen Patienten 60 % (53) innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren auf einen negativen Status zurück. Während dieser Zeit war das Auftreten einer neutralisieren- den Aktivität mit einer signifikanten Erhö- hung neuer, aktiver Läsionen und T2-Lä- sionsvolumen im MRT verbunden. Dies scheint jedoch nicht mit einer Verminderung der klinischen Wirksamkeit assoziiert zu sein (in Bezug auf die Zeit bis zu einer klinisch gesicherten Multiplen Sklerose [CDMS], Zeit bis zu einer auf der EDSS-Skala gesicherten Progression und in Bezug auf die Schub- rate).
Neue unerwünschte Ereignisse wurden nicht mit dem Auftreten neutralisierender Aktivität in Verbindung gebracht.
In-vitro-Untersuchungen haben Kreuzreak- tionen von Extavia mit natürlichem Interferon beta gezeigt. Jedoch wurde dies nicht in vivo untersucht, und die klinische Bedeu- tung dieser Ergebnisse ist ungewiss.
Die wenigen nicht schlüssigen Daten von Patienten mit beendeter Extavia-Behand- lung, bei denen sich eine neutralisierende Aktivität entwickelt hat, lassen keine Schlussfolgerungen zu.
Die Entscheidung, die Behandlung fortzu- setzen oder abzubrechen, sollte sich eher an der klinischen Krankheitsaktivität als am Status der neutralisierenden Aktivität orien- tieren.
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Sonstige Bestandteile
Dieses Arzneimittel enthält weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro ml, d. h., es ist nahezu „natriumfrei“.
Personen mit Latexempfindlichkeit
Die abnehmbare Nadelschutzkappe der Extavia Fertigspritze enthält ein Naturlatex- Derivat. Obwohl in der Schutzkappe kein
Naturlatex nachweisbar ist, wurde die si- chere Anwendung von Extavia Fertigsprit- zen bei latexempfindlichen Personen nicht untersucht und es besteht daher ein po- tenzielles Risiko für Überempfindlichkeitsre- aktionen, die nicht vollständig ausgeschlos- sen werden können.
Es wurden keine Studien zur Erfassung von Wechselwirkungen durchgeführt.
Die Auswirkung der Behandlung mit Extavia (250 Mikrogramm = 8,0 Mio. IE jeden zwei- ten Tag) auf den Arzneimittelmetabolismus bei Multipler Sklerose ist nicht bekannt. Die Behandlung von Schüben mit Kortikostero- iden oder ACTH über Zeiträume von bis zu 28 Tagen wurde von Patienten, die Extavia erhielten, gut vertragen.
Wegen mangelnder klinischer Erfahrung bei Multipler Sklerose wird die Extavia-Behand- lung zusammen mit anderen Immunmodu- latoren außer Kortikosteroiden oder ACTH nicht empfohlen.
Es ist berichtet worden, dass Interferone die Aktivität der Zytochrom-P450-abhängigen hepatischen Enzyme bei Menschen und Tieren verringern können. Bei gleichzeitiger Anwendung anderer Substanzen, die eine geringe therapeutische Breite besitzen und deren Clearance stark abhängig vom Zyto- chrom-P450-System ist, z. B. Antiepileptika, soll Extavia mit Vorsicht angewendet wer- den. Zusätzliche Vorsicht ist geboten bei jeder Co-Medikation, die einen Effekt auf das hämatopoetische System hat.
Schwangerschaft
Weitreichende Erfahrungen (mehr als 1 000 Schwangerschaftsausgänge) aus In- terferon-beta-Registern, nationalen Regis- tern und nach Markteinführung deuten nicht auf ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende angeborene Fehlbildungen nach Exposition vor der Empfängnis oder während des ers- ten Schwangerschaftstrimenons hin.
Die Expositionsdauer während des ersten Trimenons ist jedoch nicht genau bekannt, da Daten zu einem Zeitpunkt erhoben wur- den, als die Anwendung von Interferon beta während der Schwangerschaft kontraindi- ziert war, und die Behandlung wahrschein- lich unterbrochen wurde, als eine Schwan- gerschaft festgestellt und/oder bestätigt wurde. Die Erfahrungen mit einer Exposi- tion während des zweiten und dritten Schwangerschaftstrimenons sind sehr be- grenzt.
Basierend auf Daten aus Tierstudien (siehe Abschnitt 5.3) besteht ein potenziell erhöh- tes Risiko für Spontanaborte. Das Risiko von Spontanaborten bei mit Interferon-beta- exponierten Schwangeren kann anhand der derzeit vorliegenden Daten nicht aus- reichend ausgewertet werden, aber die Daten weisen bisher nicht auf ein erhöhtes Risiko hin.
Falls klinisch erforderlich, kann die Anwen- dung von Extavia während der Schwanger- schaft in Betracht gezogen werden.
Stillzeit
Begrenzte Informationen zum Übergang von Interferon beta-1b in die Muttermilch, zusammen mit den chemisch/physiologi- schen Eigenschaften von Interferon beta, lassen vermuten, dass die in die Muttermilch ausgeschiedenen Mengen an Interferon- beta-1b vernachlässigbar sind. Es werden keine schädlichen Auswirkungen auf das gestillte Neugeborene/Kind erwartet.
Extavia kann während des Stillens ange- wendet werden.
Fertilität
Es wurden keine Fertilitätsuntersuchungen durchgeführt (siehe Abschnitt 5.3).
Es wurden keine Studien zu den Auswirkun- gen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen durchgeführt.
Unerwünschte zentralnervöse Wirkungen, die mit dem Gebrauch von Extavia zusam- menhängen, können bei entsprechend ver- anlagten Patienten die Fähigkeit zur Teilnah- me am Straßenverkehr und die Bedienung von Maschinen beeinflussen.
Zusammenfassung des Sicherheitsprofils
Zu Beginn der Behandlung sind uner- wünschte Wirkungen häufig, diese klingen aber im Allgemeinen bei weiterer Behand- lung ab. Die am häufigsten beobachteten unerwünschten Wirkungen waren ein grip- peähnlicher Symptomkomplex (Fieber, Schüttelfrost, Gelenkschmerzen, Unwohl- sein, Schwitzen, Kopfschmerzen oder Mus- kelschmerzen), der im Wesentlichen durch die pharmakologischen Wirkungen des Arz- neimittels hervorgerufen wird. Häufig kam es nach der Injektion von Extavia zu Reaktionen an der Injektionsstelle. Rötung, Schwellung, Verfärbung, Entzündung, Schmerz, Über- empfindlichkeit, Infektion, Nekrose und un- spezifische Reaktionen standen in einem signifikanten Zusammenhang mit der Extavia-Behandlung in der Dosis von 250 Mikrogramm (8,0 Mio. IE).
Die schwerwiegendsten berichteten Ne- benwirkungen sind die thrombotische Mi- kroangiopathie (TMA) und die hämolytische Anämie (HA).
Im Allgemeinen wird zu Beginn der Behand- lung eine Auftitrierung der Dosis empfohlen, um die Verträglichkeit von Extavia zu ver- bessern (siehe Abschnitt 4.2). Grippeähnli- che Symptome lassen sich außerdem durch Verabreichung eines nicht-steroidalen Ent- zündungshemmers verringern. Die Häufig- keit von Reaktionen an der Injektionsstelle lässt sich durch Anwendung eines Auto- injektors vermindern.
Tabellarische Zusammenstellung der Neben- wirkungen
Die folgenden Listen unerwünschter Ereig- nisse basieren auf Berichten aus klinischen Studien und aus Erfahrungen mit der An- wendung von Extavia nach Markteinfüh- rung (sehr häufig ≥ 1/10, häufig ≥ 1/100,
< 1/10, gelegentlich ≥ 1/1 000, < 1/100, selten ≥ 1/10 000, < 1/1 000, sehr selten
< 1/10 000)). Der am besten geeignete MedDRA-Begriff wird verwendet, um eine bestimmte Reaktion und deren Synonyme
und zusammenhängende Erkrankungen zu beschreiben.
Siehe Tabelle 1 auf Seite 4 und 5 Pulmonale arterielle Hypertonie
Im Zusammenhang mit der Anwendung von Produkten, die Interferon beta enthalten, wurde über Fälle von pulmonaler arterieller Hypertonie (PAH) berichtet. Die Ereignisse wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemeldet, unter anderem bis zu einigen Jahren nach dem Behandlungsbeginn mit Interferon beta.
Meldung des Verdachts auf Nebenwirkun- gen
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwir- kungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuier- liche Überwachung des Nutzen-Risiko-Ver- hältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, je- den Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medi- zinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt- Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn, Website: www.bfarm.de, anzuzeigen.
Tabelle 1 Unerwünschte Arzneimittelwirkungen auf der Basis von klinischen Studienberichten und aus der Postmarketing-Beobach- tung (Häufigkeiten – wenn bekannt – berechnet auf der Basis von gepoolten klinischen Studiendaten)
Systemorganklasse | Sehr häufig (≥ 1/10) | Häufig(≥ 1/100, < 1/10) | Gelegentlich(≥ 1/1 000, < 1/100) | Selten(≥ 1/10 000,< 1/1 000) | Häufigkeit nicht bekannt |
Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems | Abnahme der Lymphozytenzahl (< 1 500/mm3)e Abnahme der Leukozytenzahl (< 3 000/mm3)eAbnahme der absolu-ten Neutrophilenzahl (< 1 500/mm3)e | Lymphadenopathie, Anämie | Thrombopenie | Thrombotische Mikroangiopathied, einschließlich throm- botisch-thrombozyto- penische Purpura/ hämolytisch- urämisches Syndromb | Hämolytische Anämiea/d |
Erkrankungen des Immunsystems | Anaphylaktische Reaktionen | Kapillarleck-Syndrom bei vorbestehender monoklonaler Gammopathiea | |||
Endokrine Erkrankungen | Hypothyreose | Hyperthyreose, Schilddrüsen- erkrankungen | |||
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen | Gewichtszunahme, Gewichtsabnahme | Anstieg der Trigly- zeride im Blut | Anorexiea | ||
Psychiatrische Erkrankungen | Verwirrtheit | Suizidversuch (siehe auch Abschnitt 4.4), Emotionale Instabilität | Depression, Angst | ||
Erkrankungen des Nervensystems | Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit | Konvulsion | Schwindel | ||
Herzerkrankungen | Tachykardie | Kardiomyopathiea | Palpitationen | ||
Gefäßerkrankungen | Hypertonie | Vasodilatation | |||
Erkrankungen der Atem- wege, des Brustraums und Mediastinums | Dyspnoe | Bronchospasmusa | Pulmonale arterielle Hypertoniec | ||
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts | Abdominelle Schmerzen | Pankreatitis | Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe | ||
Leber- und Gallen- erkrankungen | Anstieg der Alanin- Aminotransferase (ALAT > 5-mal Aus- gangswert)e | Anstieg der Aspartat- Aminotransferase (ASAT > 5-mal Aus- gangswert)e, Anstieg der Bilirubin-Spiegel im Blut | Anstieg der Gamma- glutamyltransferase, Hepatitis | Leberschäden, Leberversagena | |
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzell- gewebes | Hautausschlag, Hauterkrankungen | Urtikaria, Pruritus, Alopezie | Hautverfärbung | ||
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen | Myalgie, Hypertonie, Arthralgie | Arzneimittel- induzierter Lupus erythematodes | |||
Erkrankungen der Nieren und Harnwege | Starker Harndrang | Nephrotisches Syndrom, Glomerulo- sklerose (siehe Ab- schnitt 4.4)a,b | |||
Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse | Menorrhagie, Impotenz, Metrorrhagie | Menstruations- störungen |
Fortsetzung auf Seite 5
Fortsetzung Tabelle 1
Systemorganklasse | Sehr häufig (≥ 1/10) | Häufig(≥ 1/100, < 1/10) | Gelegentlich(≥ 1/1 000, < 1/100) | Selten(≥ 1/10 000,< 1/1 000) | Häufigkeit nicht bekannt |
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort | Reaktion an der Injek- tionsstelle (verschie- dener Artf), Grippeähnliche Symptome (Kom- plexg),Schmerzen, Fieber, Schüttelfrost, Periphere Ödeme,Asthenie | Nekrose an der Injek- tionsstelle, Brustkorbschmerz, Unwohlsein | Schwitzen | ||
a Unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die nach Marktzulassung aufgetreten sind.b Klassenbezeichnung für Interferon-beta-Arzneimittel (siehe Abschnitt 4.4).c Klassenbezeichnung für Interferon-Produkte siehe „Pulmonale arterielle Hypertonie“ auf Seite 4.d Es wurden lebensbedrohliche und/oder tödliche Fälle berichtet.e Laborwertveränderungf „Reaktion an der Injektionsstelle (verschiedener Art)“ umfasst alle an der Injektionsstelle auftretenden unerwünschten Ereignisse (außer Nekro- se an der Injektionsstelle), d. h. die folgenden Begriffe: Atrophie an der Injektionsstelle, Ödem an der Injektionsstelle, Blutung an der Injektions- stelle, Überempfindlichkeit an der Injektionsstelle, Infektion an der Injektionsstelle, Entzündung an der Injektionsstelle, Raumforderung an der Injektionsstelle, Schmerzen an der Injektionsstelle und Reaktion an der Injektionsstelle.g „Grippeähnlicher Symptomkomplex“ bezeichnet Grippesyndrom und/oder eine Kombination von mindestens zwei der folgenden unerwünsch-ten Ereignisse: Fieber, Schüttelfrost, Myalgie, Unwohlsein, Schwitzen. |
Pharmakotherapeutische Gruppe: Immun- stimulanzien, Interferone, ATC-Code: L03AB08
Interferone gehören zu den Zytokinen, natür- lich vorkommenden Proteinen. Die Moleku- largewichte von Interferonen liegen im Be- reich von 15 000 bis 21 000 Dalton. Es wur- den drei Hauptklassen von Interferonen identifiziert: Alpha-, Beta- und Gamma-Inter- ferone. Die biologischen Wirkungen von Alpha-, Beta- und Gamma-Interferonen überlappen sich zwar, sind jedoch unter- schiedlich. Die Wirkungen von Interferon beta-1b sind speziesspezifisch, sodass die wichtigsten pharmakologischen Informatio- nen über Interferon beta-1b aus Untersu- chungen an menschlichen Zellkulturen oder aus In-vivo-Studien am Menschen stam- men.
Wirkmechanismus
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Für Interferon beta-1b konnte sowohl eine antivirale als auch immunregulatorische Wir- kung nachgewiesen werden. Die Wirkungs- weise von Interferon beta-1b bei Multipler Sklerose ist nicht genau geklärt. Es ist jedoch bekannt, dass die biologischen Ei- genschaften von Interferon beta-1b, die die Immunantwort beeinflussen, durch seine Wechselwirkungen mit spezifischen Zellre- zeptoren auf der Oberfläche menschlicher Zellen vermittelt werden. Die Bindung von Interferon beta-1b an diese Rezeptoren führt zur Bildung einer Reihe von Genprodukten, die als Mediatoren der biologischen Wirkun-
gen von Interferon beta-1b betrachtet wer- den. Eine Reihe dieser Produkte wurde im Serum und in Zellfraktionen im Blut von Patienten nachgewiesen, die mit Interferon beta-1b behandelt wurden. Interferon beta-1b führt sowohl zu einer Verminde- rung der Bindungsaffinität als auch zu einer Verstärkung von Internalisierung und Abbau des Interferon-gamma-Rezeptors. Außer- dem verstärkt Interferon beta-1b die Sup- pressoraktivität peripherer Lymphozyten.
Klinische Wirksamkeit und Sicherheit
Gesonderte Untersuchungen zum Einfluss von Extavia auf das Herz-Kreislauf-System, das Atmungssystem und die Funktion en- dokriner Organe wurden nicht durchgeführt.
Schubweise verlaufende Multiple Sklero- se (RR-MS)
Es wurde eine kontrollierte klinische Studie zu Extavia bei Patienten mit schubweise ver- laufender Multipler Sklerose durchgeführt, die ohne Hilfe gehfähig waren (EDSS-Wert zu Studienbeginn: 0 – 5,5). Bei den Patien- ten, die Extavia erhielten, kam es zu einem Rückgang der Schubhäufigkeit (30 %) und Schwere der klinischen Schübe und der Zahl der krankheitsbedingten Krankenhaus- aufenthalte. Darüber hinaus verlängerte sich das schubfreie Intervall. Es gibt keinen Hin- weis für einen Einfluss von Extavia auf die Dauer der Schübe oder auf die Symptome zwischen den Schüben und bei der schub- weise verlaufenden Multiplen Sklerose wur- de keine signifikante Wirkung auf das Fort- schreiten der Erkrankung beobachtet.
Sekundär progredient verlaufende Multi- ple Sklerose (SP-MS)
Es wurden zwei kontrollierte klinischen Stu- dien zu Extavia bei insgesamt 1 657 Pa- tienten mit sekundär progredient verlaufen- der Multipler Sklerose (EDSS-Werte zu Stu- dienbeginn: 3 – 6,5, d. h., die Patienten wa- ren gehfähig) durchgeführt. Patienten mit leichten Erkrankungsformen und solche, die nicht gehfähig waren, wurden nicht unter- sucht. Die beiden Studien zeigten überein-
stimmende Ergebnisse für die primäre Er- folgsgröße „Zeit bis zum nachweislichen Fortschreiten der Erkrankung“, d. h., eine Verschlimmerung des Behinderungsgrades konnte hinausgezögert werden.
Eine der beiden Studien zeigte nachweis- lich bei den mit Extavia behandelten Pa- tienten eine statistisch signifikante Verzö- gerung der Zeit bis zum Fortschreiten des Behinderungsgrades (Hazard-Ratio = 0,69; 95%-Konfidenzintervall (0,55; 0,86), P = 0,0010, entsprechend einer 31%igen Risikominderung durch Extavia) und der Zeit bis zur Rollstuhlabhängigkeit (Hazard- Ratio = 0,61; 95%-Konfidenzintervall (0,44;
0,85), P = 0,0036, entsprechend einer 39%igen Risikominderung durch Extavia). Dieser Effekt hielt über die Beobachtungs- phase von bis zu 33 Monaten hinweg an. Der Behandlungseffekt war bei den Patien- ten aller untersuchten Behinderungsstufen sowie unabhängig von akuten Schüben festzustellen.
In der zweiten klinischen Prüfung zu Extavia bei Patienten mit sekundär progredient ver- laufender Multipler Sklerose wurde keine Verzögerung der Zeit bis zur Verschlimme- rung der Behinderung beobachtet. Es liegen Hinweise darauf vor, dass die in dieser Studie untersuchten Patienten insgesamt weniger akute Krankheitsgeschehen zeigten als die in der anderen Studie untersuchten Patienten mit sekundär progredient verlau- fender Multipler Sklerose.
Bei der retrospektiven Metaanalyse, in die die Daten beider Studien einflossen, wurde ein statistisch signifikanter Gesamtbehandlungs- effekt festgestellt (P = 0,0076; 8,0 Mio. IE Extavia versus alle Placebo-Patienten).
Retrospektive Subgruppen-Analysen erga- ben, dass mit einem Behandlungseffekt auf das Fortschreiten der Behinderung am ehesten bei Patienten mit akutem Krank- heitsgeschehen vor Beginn der Behandlung zu rechnen ist (Hazard-Ratio = 0,72; 95%-
Konfidenzintervall [0,59; 0,88], P = 0,0011, entsprechend einer 28%igen Risikominde- rung durch Extavia bei Patienten im Schub oder bei ausgeprägter Verschlechterung des EDSS-Wertes, 8,0 Mio. IE Extavia versus alle Placebo-Patienten). Diese retrospekti- ven Subgruppen-Analysen legten den Schluss nahe, dass Schübe sowie ausge- prägte Verschlechterungen der EDSS-Wer- te (EDSS > 1 Punkt oder > ½ Punkt bei EDSS-Werten ≥ 6 in den letzten zwei Jah- ren) die Identifikation von Patienten mit ak- tivem Krankheitsgeschehen erleichtern.
In beiden klinischen Studien zeigten mit Extavia behandelte Patienten mit sekundär progredient verlaufender Multipler Sklerose einen Rückgang (30 %) der Häufigkeit klini- scher Schübe. Es liegen keine Hinweise auf einen Einfluss von Extavia auf die Schub- dauer vor.
Erstmaliges, auf eine Multiple Sklerose hinweisendes demyelisierendes Ereignis Eine kontrollierte Studie zu Extavia wurde mit Patienten mit erstmaligem klinischem Ereig- nis und auf eine Multiple Sklerose hinwei- senden Befund in der Magnetresonanzto- mografie (MRT) (mindestens zwei klinisch stille Läsionen im T2-gewichteten MRT) durchgeführt. Die Studie schloss Patienten mit monofokalem oder multifokalem Erkran- kungsbeginn ein (d. h. Patienten mit klini- schem Nachweis einer einzelnen bzw. min- destens zweier Läsionen des Zentralnerven- systems). Andere Erkrankungen als die Mul- tiple Sklerose, die die Symptome des Pa- tienten besser erklären könnten, mussten ausgeschlossen worden sein. Die Studie bestand aus zwei Abschnitten, einem place- bokontrollierten Teil und einer vorherge- planten Nachbeobachtungsphase. Der pla- cebokontrollierte Teil dauerte zwei Jahre oder so lange, bis die Patienten eine klinisch gesicherte Multiple Sklerose (CDMS) auf- wiesen, je nachdem welches Ereignis zuerst auftrat. Nach der placebokontrollierten Pha- se traten die Patienten in die vorhergeplante Nachbeobachtungsphase unter Extavia ein. Darin wurde die Wirkung eines sofortigen Beginns der Behandlung mit Extavia mit der einer verzögert einsetzenden Behandlung bewertet, indem die ursprünglich auf Extavia randomisierten Patienten („sofort behandel- te Gruppe“) mit ursprünglich auf Placebo randomisierten Patienten („verzögert behan- delte Gruppe“) verglichen wurden. Patienten und Prüfer blieben hinsichtlich der Anfangs- behandlung verblindet.
In dem placebokontrollierten Teil verzögerte Extavia das Fortschreiten vom ersten klini- schen Ereignis hin zu einer klinisch gesi- cherten Multiple Sklerose (CDMS) in statis- tisch signifikanter und klinisch relevanter Weise, entsprechend einer Risikoreduktion von 47 % (Hazard Ratio = 0,52; 95%-Kon- fidenzintervall (0,39; 0,73); p < 0,0001). Über den Studienzeitraum von zwei Jahren kam es bei 45 % der Patienten der Placebo- gruppe gegenüber 28 % der Patienten der Extavia-Gruppe zu einer CDMS (Kaplan- Meier-Analyse). Extavia verlängerte die Zeit bis zu einer CDMS um 363 Tage, und zwar von 255 Tagen in der Placebogruppe auf 618 Tage in der Extavia-Gruppe (basierend auf der 25. Perzentile). Dieser Behandlungs- erfolg war nach dem zusätzlichen Jahr
Nachbeobachtung immer noch feststellbar; die Risikoreduktion betrug zu diesem Zeit- punkt 41 % (Hazard Ratio = 0,59; 95%-
Konfidenzintervall (0,42; 0,83); p < 0,0011). Über den Studienzeitraum von drei Jahren kam es bei 51 % der Patienten der verzögert behandelten Gruppe gegenüber 37 % der Patienten der sofort behandelten Gruppe zu einer CDMS (Kaplan-Meier-Analyse). Der anhaltende Behandlungserfolg war feststell- bar, obwohl die Mehrzahl der Patienten der Placebo-Gruppe im dritten Studienjahr mit Extavia behandelt wurde.
Die Robustheit des Behandlungseffekts zeigte sich auch in der Verzögerung des Fortschreitens der Erkrankung hin zu einer Multiplen Sklerose gemäß den Kriterien nach McDonald: Über die Dauer von 2 Jah- ren ist das Risiko für eine Progredienz in der Placebogruppe 85 % und in der Extavia- Gruppe 69 % (Hazard Ratio = 0,57; 95%-
Konfidenzintervall (0,46; 0,71); p < 0,00001).
Nach drei Jahren zeigte eine vorherge- plante Zwischenanalyse ein Fortschreiten im EDSS-Wert (bestätigte Zunahme des EDSS von größer oder gleich 1 im Vergleich zum Ausgangswert) bei 24 % der Patienten in der verzögert behandelten Gruppe ge- genüber 16 % in der sofort behandelten Gruppe (Hazard Ratio = 0,6; 95%-Konfi- denzintervall (0,39; 0,92); p < 0,022). Es gibt keinen Beleg für einen Nutzen hinsichtlich des Fortschreitens der Einschränkung bei der Mehrzahl der Patienten, die eine „sofor- tige“ Behandlung erhielten. Die Patienten werden weiter beobachtet, um zusätzliche Daten zu erhalten. Es konnte kein Nutzen, der Extavia zugeschrieben werden kann, hin- sichtlich der Lebensqualität (gemessen als FAMS – Functional Assessment of MS: Treat- ment Outcomes Index) festgestellt werden.
Subgruppenanalysen nach Baseline-Fakto- ren erbrachten in allen untersuchten Sub- gruppen den Nachweis einer Wirksamkeit. Eine signifikante Wirkung wurde ebenfalls bei Patienten mit weniger disseminierter und weniger aktiver Erkrankung zum Zeitpunkt des ersten Ereignisses erzielt. Das Risiko für eine Progredienz zu einer CDMS bei Patien- ten mit monofokalem Beginn betrug über die Dauer von 2 Jahren 47 % (Placebo) und 24 % (Extavia), ohne Gadolinium-(Gd-)An- reicherung 41 % (Placebo) und 20 % (Extavia), und bei Patienten mit weniger als
9 T2-Läsionen 39 % (Placebo) und 18 % (Extavia). Weitere Subgruppenanalysen zeigten bei monofokalen Patienten mit min- destens 9 T2-Läsionen ein hohes Risiko für CDMS (55 % Risiko in der Placebogruppe, 26 % für Extavia) oder Gd-Anreicherung (63 % gegen 33 %) ein hohes Risiko für eine Progredienz hin zu einer CDMS innerhalb von 2 Jahren. Bei multifokalen Patienten war das CDMS-Risiko von den MRT-Befunden im Ausgangszustand unabhängig. Diese Patienten gelten aufgrund der sich aus dem klinischen Befund ergebenden disseminier- ten Erkrankung als mit einem hohen CDMS- Risiko behaftet. Allerdings sind die Langzeit- auswirkungen einer Frühtherapie mit Extavia auch in diesen Untergruppen mit hohem Risiko unbekannt, da die Studie im Wesent- lichen darauf ausgelegt war, die Zeit bis zur CDMS zu bestimmen und nicht die lang- fristige Entwicklung der Erkrankung zu unter-
suchen. Darüber hinaus gibt es derzeit kei- ne auf breiter Basis anerkannte Definition für einen Hoch-Risiko-Patienten, obwohl ein mehr konservativer Ansatz von mindestens 9 T2-hyperintensiven Läsionen auf der Initial- aufnahme und wenigstens einer neuen T2- oder einer neuen Gd-anreichernden Läsion auf einer Folgeaufnahme, die mindestens 1 Monat nach Initialaufnahme gemacht wur- de, ausgeht. In jedem Fall sollte eine Thera- pie nur bei Patienten in Betracht gezogen werden, die als Patienten mit hohem Risiko eingestuft werden.
Wie die hohe Rate von Studienabschlüssen zeigt (92,8 % in der Extavia-Gruppe) wurde die Behandlung mit Extavia in dieser Studie von Patienten mit einem erstmaligen klini- schen Ereignis gut angenommen. Um die Verträglichkeit von Extavia in der Studie an Patienten mit einem ersten klinischen Er- eignis zu verbessern, wurde eine Auftitrie- rung der Dosis vorgenommen und es wur- den zu Beginn der Behandlung nicht-stero- idale Antirheumatika verabreicht. Darüber hinaus wurde von der Mehrzahl der Patien- ten über den gesamten Studienzeitraum ein Autoinjektor verwendet.
RR-MS, SP-MS und erstmaliges auf eine Multiple Sklerose hinweisendes demyeli- sierendes Ereignis
Extavia erwies sich in allen Multiple-Sklero- se-Studien bei der Reduktion des aktiven Krankheitsgeschehens (akutes entzündli- ches Geschehen im zentralen Nervensys- tem und bleibende Gewebeveränderungen) als wirksam, wie Magnetresonanztomogra- phie-(MRT-)Untersuchungen zeigten. Das Ver- hältnis zwischen akutem Krankheitsgesche- hen bei der Multiplen Sklerose, wie es im MRT erfasst werden kann, und dem klinischen Outcome wird zum gegenwärtigen Zeit- punkt noch nicht vollständig verstanden.
Extavia-Serumspiegel wurden bei Patienten und freiwilligen Probanden mithilfe eines nicht vollständig spezifischen Bioassays verfolgt. Maximale Serumkonzentrationen von etwa 40 IE/ml wurden 1 – 8 Stunden nach subkutaner Injektion von 500 Mikro- gramm (16,0 Mio. IE) Interferon beta-1b ge- funden. In verschiedenen Studien wurden aus dem Serum mittlere Clearance-Raten bis zu 30 ml · min– 1 · kg– 1 und Dispositions- Halbwertszeiten bis zu 5 Stunden bestimmt.
Die Anwendung von Extavia-Injektionen in zweitägigem Abstand führt nicht zu einem Anstieg des Serumspiegels. Die Pharmako- kinetik scheint sich im Verlauf der Therapie nicht zu verändern.
Die absolute Bioverfügbarkeit von subkutan verabreichtem Interferon beta-1b betrug et- wa 50 %.