Amikacin B. Braun 2,5 mg/ml Infusionslösung
Laktose: Nein
Zur Behandlung der folgenden schwerwie- genden Infektionen durch Amikacin-emp- findliche Erreger (siehe Abschnitt 5.1), wenn weniger toxische Antibiotika nicht wirksam sind:
-
nosokomiale Infektionen der unteren Atem- wege einschließlich schwerer Pneumonien,
-
intraabdominale Infektionen, einschließ- lich Peritonitis,
-
komplizierte und rezidivierende Harnwegs- infektionen,
-
Haut- und Weichgewebeinfektionen, ein- schließlich infizierter Brandwunden,
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bakterielle Endokarditis,
-
postoperative intraabdominale Infektionen.
Amikacin B. Braun kann auch zur Behand- lung von Patienten mit Bakteriämie, die im Zusammenhang mit den bereits erwähnten Infektionen auftritt oder bei der ein solcher Zusammenhang vermutet wird, eingesetzt werden.
Amikacin B. Braun wird häufig mit anderen geeigneten Antibiotika kombiniert, um das Bakterienspektrum der entsprechenden In- fektion abzudecken.
Die offiziellen Richtlinien für die angemes- sene Anwendung von Antibiotika sind zu beachten.
Dosierung
Zur Berechnung der korrekten Dosierung
sollte das Körpergewicht des Patienten vor der Behandlung ermittelt werden.
März 2019
Die Genauigkeit der Dosierung von Amika- cin B. Braun wird durch die Verwendung einer Infusionspumpe verbessert.
Um eine Überdosierung besonders bei Kin- dern zu vermeiden, muss die am besten geeignete verfügbare Konzentration ge- wählt werden.
Überwachung der Arzneimittelkonzentration
Der Status der Nierenfunktion sollte durch Messung der Serum-Kreatininkonzentration oder durch Berechnung der endogenen Kreatinin-Clearance-Rate beurteilt werden. Der Blut-Harnstoff-Stickstoff (BUN) ist für diesen Zweck sehr viel weniger geeignet. Erneute Beurteilungen der Nierenfunktion sollten regelmäßig während der Behand- lung erfolgen.
Wann immer es möglich ist, sollte die Ami- kacin-Konzentration im Serum bestimmt werden, um einen ausreichenden, aber nicht übermäßig hohen Blutspiegel sicherzustel- len. Es ist erstrebenswert, während der Therapie intermittierend sowohl die Spit- zen- als auch die Talkonzentrationen im Serum zu messen.
Spitzenkonzentrationen (30 – 90 Minuten nach der Infusion) von über 35 μg/ml und Talkonzentrationen (direkt vor der nächsten Dosis) von über 10 μg/ml sollten vermieden werden.
Die Dosierung sollte wie angegeben ange- passt werden. Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion kann eine einmal tägliche Dosierung angewendet werden. Die Spitzen- konzentrationen können in diesen Fällen 35 μg/ml überschreiten.
Bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen wird die Überwachung der Plasmakonzen- trationen dringend empfohlen.
Dauer der Anwendung
Je nach Schwere der Infektion sollte die Ge- samtdauer der Behandlung auf 7 bis 10 Tage begrenzt sein. Wenn die Behandlung mit Amikacin bei schweren und komplizierten Infektionen länger als 10 Tage dauert, muss die Amikacin-Behandlung überdacht wer- den, da eine mögliche Weiterführung der Behandlung zusätzlich zur Überwachung der Amikacin-Serumkonzentration die Überwa- chung der Nierenfunktion, des Gehörs und des Gleichgewichtssinns erforderlich macht. Unter der empfohlenen Dosierung sollten Patienten mit durch empfindliche Keime ver- ursachten Infektionen innerhalb von 24 bis 48 Stunden auf die Therapie ansprechen. Wenn innerhalb von 3 – 5 Tagen keine defi- nitive klinische Reaktion erkennbar ist, sollte die Behandlung abgebrochen und das anti- biotische Empfindlichkeitsmuster des ein- gedrungenen Erregers überprüft werden. Das fehlende Ansprechen der Infektion kann Folge der Resistenz des Erregers oder sep- tischer Herde sein, die eine chirurgische Drainage erfordern.
Patienten mit normaler Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance ≥ 50 ml/min)
Erwachsene, Jugendliche und Kinder älter als 12 Jahre (über 33 kg Körpergewicht)
Die empfohlene intravenöse Dosis für Erwach- sene und Jugendliche mit normaler Nieren- funktion (Kreatinin-Clearance ≥ 50 ml/min) beträgt 15 mg/kg Körpergewicht (KG) pro Tag, die als tägliche Einzeldosis oder auf- geteilt in zwei gleiche Dosen, d. h. 7,5 mg/ kg Körpergewicht alle 12 Stunden, verab- reicht werden kann.
Die tägliche Gesamtdosis sollte 1,5 g nicht überschreiten. Bei Patienten mit Endokar- ditis oder bei febrilen neutropenischen Pa- tienten sollte eine zweimal tägliche Gabe erfolgen, da nicht genügend Daten vorlie- gen, die eine einmal tägliche Gabe begrün- den.
Säuglinge, Kleinkinder und Kinder (4 Wochen bis 12 Jahre)
Die empfohlene intravenöse Dosis (lang- same intravenöse Infusion) bei Kindern mit normaler Nierenfunktion beträgt 15 – 20 mg/ kg KG/Tag, die als Gabe von 15 – 20 mg/kg KG einmal täglich oder von 7,5 mg/kg KG alle 12 Stunden verabreicht werden kann. Bei Patienten mit Endokarditis oder bei fe- brilen neutropenischen Patienten sollte eine zweimal tägliche Gabe erfolgen, da nicht genügend Daten vorliegen, die eine einmal tägliche Gabe begründen.
Neugeborene
Initialdosis von 10 mg/kg KG, gefolgt von 7,5 mg/kg KG alle 12 h (siehe Abschnitte 4.4
und 5.2).
Frühgeborene
Die empfohlene Dosis für Frühgeborene be- trägt 7,5 mg/kg KG alle 12 Stunden (siehe Abschnitte 4.4 und 5.2).
Infusionsvolumina bei Patienten mit normaler Nierenfunktion
Siehe Tabelle auf Seite 2 oben
Maximale Tagesdosis
Die tägliche Gesamtdosis aller Verabrei- chungswege sollte 15 – 20 mg/kg KG/Tag nicht überschreiten.
Aufgrund der erforderlichen Dosisanpassun- gen ist die einmal tägliche Gabe von Ami- kacin für Patienten, deren Immunsystem geschwächt ist, die an Nierenversagen, an zystischer Fibrose oder Ascites leiden, bei Patienten mit ausgedehnten Verbrennungen (mehr als 20 Prozent der Hautoberfläche) sowie für ältere Patienten und Schwangere nicht empfohlen.
Patienten mit eingeschränkter Nieren- funktion (Kreatinin-Clearance < 50 ml/min)
Bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen (Kreatinin-Clearance < 50 ml/min) wird die einmal tägliche Gabe von Amikacin nicht empfohlen, da diese Patienten länger ho- hen Talspiegeln ausgesetzt sind. Dosisan- passungen bei Patienten mit eingeschränk- ter Nierenfunktion siehe unten.
Bei Patienten mit eingeschränkter Nieren- funktion, die im Allgemeinen eine zwei- oder dreimal tägliche Gabe erhalten, sollte die Amikacin-Serumkonzentration mit geeigne- ten Testverfahren überwacht werden. Die Dosen sollten bei Patienten mit einge- schränkter Nierenfunktion entweder durch Gabe normaler Dosen in verlängerten In- tervallen oder durch Gabe reduzierter Do- sen in festgelegten Intervallen angepasst werden, um eine Kumulation von Amikacin zu vermeiden.
Beide Verfahren basieren auf der Kreatinin- Clearance oder den Serum-Kreatininwerten der Patienten, da festgestellt wurde, dass diese bei Patienten mit verminderter Nie- renfunktion mit der Aminoglykosid-Halb- wertszeit korrelieren. Diese Dosierschemata müssen zusammen mit sorgfältigen Beob- achtungen der klinischen Befunde und La- borwerte des Patienten angewendet wer- den und sollten gegebenenfalls modifiziert werden, einschließlich einer Änderung bei Durchführung einer Dialyse.
Dosis in mg pro kg Körpergewicht | |||||||||||
Körpergewicht | |||||||||||
Amikacin 2,5 mg/ml (100 ml = 250 mg) | |||||||||||
2,5 kg | 5 kg | 10 kg | 12,5 kg | 20 kg | 30 kg | 40 kg | 50 kg | 60 kg | 70 kg | ||
Amikacin in mg/kg KG | |||||||||||
7,5 | 7,50 | 15,00 | 30,00 | 37,50 | 60,00 | 90,00 | 120,00 | 150,00 | 180,00 | 210,00 | ml |
15 | 15,00 | 30,00 | 60,00 | 75,00 | 120,00 | 180,00 | 240,00 | 300,00 | 360,00 | 420,00 | |
20 | 20,00 | 40,00 | 80,00 | 100,00 | 160,00 | 240,00 | 320,00 | 400,00 | 480,00 | 560,00 | |
Körpergewicht | |||||||||||
Amikacin 5 mg/ml (100 ml = 500 mg) | |||||||||||
2,5 kg | 5 kg | 10 kg | 12,5 kg | 20 kg | 30 kg | 40 kg | 50 kg | 60 kg | 70 kg | ||
Amikacin in mg/kg KG | |||||||||||
7,5 | 3,75 | 7,50 | 15,00 | 18,75 | 30,00 | 45,00 | 60,00 | 75,00 | 90,00 | 105,00 | ml |
15 | 7,50 | 15,00 | 30,00 | 37,50 | 60,00 | 90,00 | 120,00 | 150,00 | 180,00 | 210,00 | |
20 | 10,00 | 20,00 | 40,00 | 50,00 | 80,00 | 120,00 | 160,00 | 200,00 | 240,00 | 280,00 |
Verlängerung des Dosierungsintervalls bei normalen Dosen
Falls die Kreatinin-Clearance-Rate nicht ver- fügbar und der Zustand des Patienten stabil ist, wird das Dosierungsintervall in Stunden für die normale Einzeldosis (d. h. für die Dosis, die Patienten mit normaler Nieren- funktion zweimal täglich gegeben würde, 7,5 mg/kg) berechnet, indem der Serum- Kreatininwert mit 9 multipliziert wird. Zum Beispiel wird bei einer Kreatinin-Konzentra- tion von 2 mg/100 ml die empfohlene Ein- zeldosis (7,5 mg/kg Körpergewicht) alle 2 × 9 = 18 Stunden verabreicht.
Dosisreduktion bei normalen Dosierungs- intervallen
Wenn keine Werte aus Serumassays vor- liegen und der Zustand des Patienten stabil ist, sind die Serum-Kreatinin- und die Krea- tinin-Clearance-Werte die am leichtesten erhältlichen Indikatoren für den Grad der Nierenfunktionsstörung, die als Leitfaden für die Dosierung dienen können.
Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffi- zienz und bekannter Kreatinin-Clearance beträgt die Initialdosis 7,5 mg/kg Körper- gewicht Amikacin. Die Erhaltungsdosis, die in Dosierungsintervallen von 12 Stunden ge- geben wird, sollte im Verhältnis zur Abnahme der Kreatin-Clearance-Rate des Patienten reduziert werden. Sie wird nach nebenste- hender Formel berechnet:
Die Werte in der nebenstehenden Tabelle sind Richtwerte.
Die obigen Dosierschemata sind nicht als
Patienten, die sich einer Hämodialyse oder Peritonealdialyse unterziehen
Amikacin lässt sich durch Hämodialyse leicht aus dem Blut entfernen. Mehr als 90 % der Dosis werden innerhalb von 4 Stunden eli- miniert.
Anurische Patienten erhalten eine normale Initialdosis (7,5 mg/kg). Die nach der Hämo- dialyse folgenden Dosen betragen ungefähr 2,5 bis 3,75 mg/kg.
Eine Überwachung der Serumspiegel ist un- bedingt erforderlich.
Patienten, die sich einer Peritonealdialyse unterziehen
Eine Peritonealdialyse ist weit weniger wirk- sam. Lediglich 30 % einer gegebenen Dosis können in 12 Stunden entfernt werden.
Einmal tägliche Gabe
In klinischen Situationen mit erhöhtem Ver- teilungsvolumen beträgt die erste Dosis (Ini- tialdosis) zwischen 20 und 30 mg/kg. Diese Dosis muss anschließend gemäß der Cmax angepasst werden.
Ältere Patienten
Ältere Patienten benötigen möglicherweise geringere Erhaltungsdosen als jüngere Er- wachsene, um therapeutische Plasmakon- zentrationen zu erzielen.
Übergewichtige Patienten
Amikacin diffundiert nur schlecht ins Fett- gewebe.
Bei übergewichtigen Patienten wird emp- fohlen, die Dosis auf der Basis des ange- passten Gewichts zu berechnen.
Formel zur Berechnung des Gewichts, das bei der Dosisbestimmung für übergewich- tige Patienten zu berücksichtigen ist (P1): P1 = PI + (PA – PI) × 0,4
PI = Idealgewicht
PA = Aktuelles Gewicht
Die maximale Dosis von 1,5 g pro Tag darf nicht überschritten werden.
Patienten mit Ascites
Aufgrund des größeren Verteilungsvolumens im extrazellulären Flüssigkeitskompartiment müssen höhere Dosen verabreicht werden, um einen wirksamen Serumspiegel zu er- halten.
Art der Anwendung
Intravenöse Anwendung.
Der bevorzugte Zeitraum für eine Infusion beträgt bei Erwachsenen 30 Minuten, kann aber auf bis zu 60 Minuten verlängert wer- den.
Bei Kindern und Jugendlichen sollte die Lösung normalerweise über einen Zeitraum von 30 bis 60 Minuten infundiert werden. Säuglinge sollten die Infusion über einen Zeitraum von 1 bis 2 Stunden erhalten.
Dies ist eine Fertigformulierung, die vor der Verabreichung nicht verdünnt werden sollte und nur zur einmaligen Anwendung vorge- sehen ist.
Kreatinin-Clearanceaktuell [ml/min] × berechnete Amikacin
reduzierte Amikacin-Dosis [mg] =
Kreatinin-Clearancenormal [ml/min]
Initialdosis
starre Empfehlung gedacht, sondern sollen
als Leitfaden für die Dosierung dienen, wenn die Messung der Amikacin-Serum- spiegel nicht möglich ist.
Eine alternative Faustregel für die Ermitt-
Kreatinin- Clearance [ml/min]
Amikacin-Tagesdosis [mg/kg Körpergewicht pro Tag]
Amikacin 12-Stunden-Dosis für einen Patienten mit 70 kg Körpergewicht
[mg]
lung der reduzierten Dosis bei zwölfstündi- gen Intervallen (für Patienten, deren Serum- Kreatininwerte im Steady State bekannt sind) ist die Teilung der normalerweise empfohle- nen Dosis durch den Serum-Kreatininwert des Patienten.
50 – 59 5,4 – 6,4 186 – 224
40 – 49 4,2 – 5,4 147 – 186
30 – 39 3,2 – 4,2 112 – 147
20 – 29 2,1 – 3,1 77 – 112
15 – 19 1,6 – 2,0 56 – 77
-
Überempfindlichkeit gegen Amikacin, an- dere Aminoglykoside oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Be- standteile.
-
Eine Überempfindlichkeit gegen oder schwerwiegende toxische Reaktionen auf Aminoglykoside in der Anamnese können wegen der bekannten Kreuzallergie der Patienten gegen Arzneimittel dieser Klasse Gegenanzeigen für die Anwendung aller Aminoglykoside sein.
Besondere Vorsicht ist geboten bei Verab- reichung an Patienten
-
mit Nierenfunktionsstörungen,
-
mit Vorschädigung am Vestibular- oder Hörapparat,
-
mit neuromuskulären Erkrankungen (z. B. Myasthenia gravis, Parkinsonismus, da es aufgrund der potenziellen curareähn- lichen Wirkung der Aminoglykoside auf die neuromuskuläre Verbindung zu einer Verstärkung der Muskelschwäche kom- men kann) sowie
-
die unmittelbar vor der Behandlung mit Amikacin mit einem anderen Aminogly- kosid behandelt wurden.
Patienten, die mit parenteralen Aminogly- kosiden behandelt werden, sollten wegen der mit ihrer Anwendung verbundenen po- tenziellen Ototoxizität und Nephrotoxizität engmaschig klinisch überwacht werden.
Die toxischen Wirkungen der Aminogly- koside, einschließlich Amikacin, treten häufiger auf bei Patienten mit Nieren- funktionsstörungen, wenn hohe Dosen verabreicht werden und wenn die Be- handlungsdauer verlängert wird.
Über die Sicherheit einer Behandlungsdauer über 14 Tage hinaus ist nichts bekannt.
Andere Faktoren, die das Risiko für Amino- glykosid-Toxizität erhöhen, sind fortgeschrit- tenes Lebensalter und Dehydrierung.
Neuro-/Ototoxizität
Bei Patienten, die mit Aminoglykosiden be- handelt werden, kann Neurotoxizität auf- treten, die sich als vestibuläre und/oder bi- laterale auditive Ototoxizität manifestiert. Das Risiko einer durch Aminoglykoside induzier- ten Ototoxizität ist bei Patienten mit Nieren- funktionsstörung oder bei jenen größer, de- ren Behandlung über 5 – 7 Tage hinausgeht, selbst wenn sie ansonsten gesund sind.
Üblicherweise tritt zuerst ein Hörverlust im Hochfrequenzbereich auf, der nur durch audiometrische Untersuchungen festgestellt werden kann. Es kann zu Vertigo kommen, die Hinweis auf eine Schädigung des Vesti- bularapparates sein kann. Andere Manifes- tationen der Neurotoxizität können Taub- heitsgefühl, Hautkribbeln, Muskelzucken und Krämpfe sein.
März 2019
Patienten, bei denen es zu einer Schädi- gung der Cochlea oder des Vestibularap- parates kommt, könnten während der Be- handlung keine Symptome aufweisen, die sie vor der Entwicklung toxischer Wirkun- gen auf den achten Hirnnerven warnen. Nach Absetzen des Arzneimittels können eine totale oder partielle irreversible bilate-
rale Taubheit oder stark behindernder Schwin- del auftreten. Siehe auch Abschnitt 4.8.
Die durch Aminoglykoside induzierte Oto- toxizität ist im Allgemeinen irreversibel.
Neuromuskuläre Toxizität
Nach parenteraler Injektion, topischer In- stillation (wie bei orthopädischer und ab- dominaler Spülung oder Lokalbehandlung eines Empyems) und oraler Anwendung von Aminoglykosiden wurde über neuromusku- läre Blockade und Atemlähmung berichtet. Bei jeder Art der Verabreichung von Amino- glykosiden muss die Möglichkeit einer Atem- lähmung in Betracht gezogen werden, ins- besondere bei Patienten, die gleichzeitig Arz- neimittel erhalten, die neuromuskuläre Blo- ckaden auslösen. Siehe auch Abschnitt 4.5. Wenn es zu einer neuromuskulären Blockade kommt, können Calciumsalze der Atemläh- mung entgegenwirken, aber eine künstliche Beatmung kann erforderlich sein. Bei La- bortieren, die hohe Dosen von Amikacin erhielten, wurden neuromuskuläre Blockade und muskuläre Lähmung nachgewiesen.
Renale Toxizität
Aminoglykoside sind potenziell nephroto- xisch. Die renale Toxizität ist unabhängig von der maximalen Plasmakonzentration (Cmax). Das Risiko ist bei Patienten mit Nierenfunk- tionsstörung sowie bei jenen höher, die hohe Dosen oder eine länger dauernde Behand- lung erhalten.
Die Patienten sollten während der Behand- lung gut hydriert sein und die Nierenfunk- tion sollte vor Beginn der Behandlung so- wie täglich während des Behandlungsver- laufs mit den üblichen Verfahren beurteilt werden. Siehe Abschnitt 4.2.
Die Tagesdosis muss herabgesetzt und/oder die Behandlungsintervalle verlängert wer- den, falls Zeichen einer Nierenfunktionsstö- rung auftreten, wie z. B.: Harnzylinder, Leu- kozyten oder Erythrozyten im Urin, Albumin- urie, Verringerung der Kreatinin-Clearance, vermindertes spezifisches Gewicht des Urins, Hyperazotämie, erhöhter BUN, Erhöhung des Serum-Kreatinins und Oligurie. Die Behand- lung muss abgebrochen werden, wenn die Azotämie zunimmt oder die Urinausschei- dung allmählich abnimmt.
Überwachung des Patienten
Die Nierenfunktion und die Funktion des achten Hirnnervs sollten besonders bei Pa- tienten mit bekannter oder vermuteter Nie- renfunktionsstörung zu Beginn der Be- handlung engmaschig überwacht werden. Das gilt auch für jene Patienten, deren Nie- renfunktion anfänglich normal ist, aber die während der Behandlung Anzeichen einer Nierenfunktionsstörung entwickeln. Falls möglich, sollte die Serumkonzentration von Amikacin überwacht werden, um einen aus- reichenden Blutspiegel sicherzustellen und einen potenziell toxischen Spiegel zu ver- meiden. Der Urin sollte auf vermindertes spezifisches Gewicht, erhöhte Eiweißaus- scheidung und das Vorliegen von Zellen oder Harnzylindern untersucht werden. Blut- Harnstoff-Stickstoff, Serum-Kreatinin oder Kreatinin-Clearance sollten regelmäßig ge- messen werden. Bei Patienten, die für die Untersuchung alt genug sind, und vor allem bei Hochrisikopatienten sollten, falls mög- lich, wiederholte Audiogramme aufgezeich- net werden. Beim Nachweis von Ototoxizi-
tät (Schwindelgefühl, Vertigo, Tinnitus, Ohr- geräusche und Hörverlust) oder Nephroto- xizität muss das Arzneimittel abgesetzt oder die Dosis angepasst werden. Siehe Abschnitt 4.8.
Bei Auftreten von Tinnitus, subjektivem Hör- verlust oder falls in Kontroll-Audiogrammen ein signifikanter Verlust im Hochfrequenz- bereich sichtbar wird, sollte die Amikacin- Therapie ebenfalls abgebrochen werden.
Wie bei anderen Antibiotika kann die An- wendung von Amikacin zum Überwuchern von nicht empfindlichen Erregern führen. Falls dies geschieht, sollte eine geeignete Thera- pie eingeleitet werden.
Im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs lokal verabreichte Aminoglykoside werden schnell und praktisch komplett resorbiert (außer bei Anwendung in der Blase). Bei Spülungen des Operationsfeldes mit Ami- noglykosid-Lösungen wurden (unabhängig von der verwendeten Menge) Fälle berich- tet, bei denen es zu irreversibler Taubheit, Nierenversagen und Todesfällen aufgrund einer neuromuskulären Blockade kam.
Nach intravitrealer Verabreichung (Injektion ins Auge) von Amikacin wurde über Makula- infarkt berichtet, der gelegentlich zu per- manentem Sehverlust führte.
Ältere Patienten
Ältere Patienten können eine verminderte Nierenfunktion haben, die mit routinemäßi- gen Screeninguntersuchungen wie Bestim- mung von BUN und Serum-Kreatinin nicht nachweisbar sein kann. Eine Bestimmung der Kreatinin-Clearance kann hilfreicher sein. Die Überwachung der Nierenfunktion ist bei älteren Patienten während einer Behandlung mit Aminoglykosiden besonders wichtig.
Kinder und Jugendliche
Aminoglykoside sollten bei Frühgeborenen oder Neugeborenen aufgrund ihrer renalen Unreife und der daraus resultierenden Ver- längerung der Serum-Halbwertszeit dieses Arzneimittels nur mit äußerster Vorsicht ein- gesetzt werden.
Besondere Warnhinweise/Vorsichtsmaßnah- men bezüglich der sonstigen Bestandteile Amikacin B. Braun enthält 354 mg Natrium pro 100 ml, entsprechend 17,7 % der von der WHO für einen Erwachsenen empfohle- nen maximalen täglichen Natriumaufnahme mit der Nahrung von 2 g.
Beeinflussung von Laboruntersuchungen Serum-Kreatinin-Assays können zu fälsch- lich hohen Werten führen, wenn gleichzeitig Cephalosporine verabreicht werden.
Die gegenseitige Inaktivierung von Amika- cin und Betalaktam-Antibiotika kann sich in Proben (z. B. Serum, Liquor etc.) fortsetzen, die für den Aminoglykosid-Assay entnom- men wurden, und kann daher zu fehlerhaf- ten Ergebnissen führen. Die Proben müs- sen deshalb direkt nach der Entnahme un- tersucht oder tiefgekühlt werden oder das Betalaktam-Antibiotikum muss durch Zu- gabe von Betalaktamase inaktiviert werden. Die Inaktivierung des Aminoglykosids ist nur bei Patienten mit schwerer Nierenfunktions- störung klinisch relevant.
Betalaktam-Antibiotika
Bei gleichzeitiger Verabreichung eines Ami- noglykosids oder eines Antibiotikums vom Penicillin-Typ und Amikacin in vivo über ge- trennte Verabreichungswege kann es zu einer Abnahme der Serumaktivität kommen.
Andere neurotoxische, ototoxische oder nephrotoxische Wirkstoffe
Eine gleichzeitige oder aufeinanderfolgende systemische und auch topische Gabe von anderen neuro-, oto- oder nephrotoxischen Wirkstoffen sollte aufgrund der additiven toxischen Wirkungen vermieden werden.
Die toxische Wirkung von Amikacin kann durch folgende neuro- und/oder oto- und/ oder nephrotoxische Wirkstoffe verstärkt werden:
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Andere parenterale Aminoglykoside (z. B. Kanamycin, Paromomycin)
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Andere Antibiotika, z. B.
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Bacitracin
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Amphotericin B
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Cephalosporine (z. B. Cephaloridin)
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Vancomycin
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Polymyxine (Polymyxin B, Colistin)
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Viomycin
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Platinhaltige Zytostatika:
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Carboplatin (in hohen Dosierungen), Cisplatin, Oxaliplatin (besonders bei Patienten mit vorbestehender Nieren- insuffizienz)
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Immunsuppressiva:
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Ciclosporin
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Tacrolimus
-
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Schnell wirkende Diuretika, z. B.
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Furosemid
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Ethacrynsäure (potenzielle intrinsische Ototoxizität, darüber hinaus kann die Toxizität der Aminoglykoside infolge der dehydrierenden Wirkung der Di- uretika und einer erhöhten Konzentra- tion der Aminoglykoside in Serum und Gewebe verstärkt sein)
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Amikacin/Methoxyfluran-Anästhesie Aminoglykoside können die nierenschä- digende Wirkung von Methoxyfluran ver- stärken. Bei gleichzeitiger Anwendung sind schwerste Neuropathien möglich.
Wenn Amikacin mit anderen potenziell nephro- oder ototoxischen Wirkstoffen kom- biniert wird, müssen das Gehör und die Nierenfunktion engmaschig überwacht wer- den. Bei gleichzeitiger Anwendung mit ei- nem schnell wirkenden Diuretikum muss der Flüssigkeitsstatus des Patienten über- wacht werden.
Amikacin/Muskelrelaxanzien und andere Wirkstoffe – neuromuskuläre Wirkungen
Bei gleichzeitiger Anwendung von Amikacin und
-
einem neuromuskulär blockierenden Wirk- stoff (z. B. Succinylcholin, Decamethonium, Atracurium, Rocuronium, Vecuronium),
-
großen Mengen von Citrat-Blut oder
-
Anästhetika
muss damit gerechnet werden, dass die durch diese Arzneimittel verursachte neu- romuskuläre Blockade verstärkt wird und zu Atemlähmung führen kann.
Bei einem anstehenden chirurgischen Ein- griff ist der Anästhesist über die Anwen- dung des Arzneimittels zu informieren.
Durch Injektion von Calciumchlorid kann die Aminoglykosid-bedingte neuromusku- läre Blockade aufgehoben werden (siehe Abschnitt 4.9).
Indometacin
Indometacin kann bei Neugeborenen die Plasmakonzentration von Amikacin erhöhen.
Bisphosphonate
Bei gleichzeitiger Anwendung von Amino- glykosiden mit Bisphosphonaten ist das Risiko einer Hypocalcämie erhöht.
Schwangerschaft
Über die Verwendung von Aminoglykosiden während der Schwangerschaft sind nur ein- geschränkt Daten verfügbar. Aminoglyko- side können den Fetus schädigen. Amino- glykoside passieren die Plazentaschranke und es liegen Berichte über totale, irrever- sible, bilaterale angeborene Taubheit bei Kindern vor, deren Mütter während der Schwangerschaft mit Streptomycin behan- delt wurden. Obwohl Nebenwirkungen am ungeborenen Kind oder Neugeborenen bei Schwangeren, die mit anderen Aminoglyko- siden behandelt worden waren, nicht be- richtet wurden, besteht ein Schädigungs- potenzial. Wenn Amikacin während einer Schwangerschaft verwendet wird oder eine Patientin schwanger wird, während sie mit Amikacin behandelt wird, sollte sie über das mögliche Risiko für das ungeborene Kind aufgeklärt werden.
Amikacin B. Braun darf während der Schwan- gerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, dass eine Behandlung mit Amikacin aufgrund des klinischen Zustandes der Frau erforderlich ist. Falls eine Behandlung als erforderlich betrachtet wird, sollte sie nur unter medizinischer Überwachung durch- geführt werden (siehe Abschnitt 4.4).
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Amikacin oder seine Metaboliten in die Muttermilch über- treten. Es muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen zu unter- brechen ist oder ob auf die Behandlung mit Amikacin B. Braun verzichtet werden soll/ die Behandlung mit Amikacin B. Braun zu unterbrechen ist. Dabei ist sowohl der Nut- zen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berück- sichtigen.
Fertilität
In Reproduktionstoxizitätsstudien an Mäu- sen und Ratten wurden keine Wirkungen auf die Fertilität berichtet.
Es wurden keine Studien zu den Auswir- kungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen durchgeführt.
Falls das Arzneimittel ambulanten Patien- ten verabreicht wird, ist aufgrund der mög-
lichen Nebenwirkungen wie Gleichgewichts- störungen (siehe Abschnitt 4.8) Vorsicht ge- boten, da diese die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigen können.
Alle Aminoglykoside haben das Potenzial, Ototoxizität, renale Toxizität und neuromus- kuläre Blockaden zu induzieren. Diese Toxi- zitäten treten häufiger auf bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen, bei Patienten, die mit anderen ototoxischen oder nephrotoxi- schen Arzneimitteln behandelt werden, und bei Patienten, die für einen längeren Zeit- raum und/oder mit höheren Dosen als den empfohlenen behandelt werden (siehe Ab- schnitt 4.4).
Nebenwirkungen, die auch nur im Gerings- ten mit der Behandlung in Zusammenhang gebracht wurden, werden nachstehend nach Systemorganklasse und Häufigkeit aufge- führt.
Sehr häufig (≥ 1/10)
Häufig (≥ 1/100, < 1/10) Gelegentlich (≥ 1/1.000, < 1/100) Selten (≥ 1/10.000, < 1/1.000) Sehr selten (< 1/10.000)
Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage
der verfügbaren Daten nicht abschätzbar)
Weitere Einzelheiten zu spezifischen Neben- wirkungen mit dem Index „a“ oder „b“ siehe Abschnitt 4.8.
Siehe Tabelle auf Seite 5
Informationen zu bestimmten Neben- wirkungen
a Siehe Abschnitt 4.4
b Amikacin wurde nicht für die intravitreale Anwendung formuliert. Nach intravitrealer Anwendung (Injektion ins Auge) wurde über Erblindung und Netzhautinfarkt be- richtet.
Die Veränderungen der Nierenfunktion sind im Allgemeinen reversibel, wenn das Arznei- mittel abgesetzt wird. Toxische Wirkungen auf den achten Hirnnerven können zu Hör- verlust, Gleichgewichtsverlust oder beidem führen. Amikacin beeinträchtigt hauptsäch- lich die Hörfunktion. Zur Schädigung der Cochlea gehört der Hörverlust im Hochfre- quenzbereich, der üblicherweise auftritt, be- vor der klinische Hörverlust durch audiome- trische Untersuchungen erkannt werden kann (siehe Abschnitt 4.4).
Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen Die Meldung des Verdachts auf Nebenwir- kungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuier- liche Überwachung des Nutzen-Risiko-Ver- hältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, je- den Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medi- zinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt- Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn, Website: www.bfarm.de anzuzeigen.
Bei Überdosierungen können nephrotoxi- sche, ototoxische und curareartige Wirkun- gen (neuromuskuläre Blockade) auftreten.
Infektionen und parasitäre Erkrankungen:Gelegentlich: Superinfektion oder Kolonisierung mit resistenten Bakterien oder Sprosspilzena |
Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems:Selten: Anämie, Eosinophilie |
Erkrankungen des Immunsystems:Nicht bekannt: Anaphylaktische Reaktionen (anaphylaktische Reaktionen, anaphylaktischer Schock, anaphylaktoide Reaktion, Überempfindlichkeit, Manifestationen siehe auch „Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes“ und„Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort“ |
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen:Selten: Hypomagnesiämie |
Erkrankungen des Nervensystems:Gelegentlich: Schwindelgefühla, VertigoaSelten: Kopfschmerz, Parästhesiea, Tremora, Gleichgewichtsstörunga Nicht bekannt: Lähmunga |
Augenerkrankungen:Selten: Erblindungb, Netzhautinfarktb |
Erkrankungen des Ohrs und des Labyrinths:Selten: Tinnitusa, HypakusisaNicht bekannt: Taubheita, neurosensorische Taubheita |
Gefäßerkrankungen:Selten: Hypotonie |
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums:Nicht bekannt: Apnoe, Bronchospasmus Sehr selten: Atemlähmung (Einzelfälle) |
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts:Gelegentlich: Übelkeit, Erbrechen |
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes:Gelegentlich: HautausschlagSelten: Juckreiz, Urtikaria |
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen:Selten: Arthralgie, Muskelzucken |
Erkrankungen der Nieren und Harnwege:Gelegentlich: Schädigung der NierentubuliNicht bekannt: Akutes Nierenversagen, toxische Nephropathie, Zellen im UrinaSelten: Oliguriea, erhöhtes Serumkreatinina, Albuminuriea, Azotämiea, Erythrozyten im Urina, Leukozyten im Urina |
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort:Selten: Pyrexie |
Behandlung
Wenn es zu einer Überdosierung kommt oder toxische Wirkungen auftreten, muss die Amikacin-Infusion abgebrochen werden und es kann eine Peritonealdialyse oder Hämo- dialyse durchgeführt werden, um die Elimi- nation von Amikacin aus dem Blut zu be- schleunigen. Eine kontinuierliche arteriove- nöse Hämofiltration kann ebenfalls hilfreich sein, um Amikacin, das im Blut kumuliert, zu eliminieren. Bei Neugeborenen kann eine Austauschtransfusion in Betracht gezogen werden, allerdings sollte vor der Einleitung einer solchen Maßnahme der Rat eines Fachmannes eingeholt werden.
Eine neuromuskuläre Blockade mit Atem- stillstand erfordert eine geeignete Behand- lung einschließlich der Applikation von io- nischem Calcium (z. B. als Gluconat oder Lactobionat in 10 – 20%iger Lösung). Bei Atemlähmung kann künstliche Beatmung erforderlich werden.
März 2019
Pharmakotherapeutische Gruppe: andere Aminoglykoside, ATC-Code: J01GB06
Amikacin ist ein von Kanamycin abgeleite- tes halbsynthetisches Aminoglykosidanti- biotikum. Amikacin ist das Produkt einer Acylierung der C-1-Aminogruppe des 2- Desoxystreptamin-Grundgerüstes mit einer Aminohydroxybuttersäure.
Wirkmechanismus
Der Wirkmechanismus von Amikacin be- ruht auf einer Störung der Proteinbiosyn- these am bakteriellen Ribosom durch Inter- aktion mit der rRNA und nachfolgender Hemmung der Translation in empfindlichen Mikroorganismen. Hieraus resultiert eine bakterizide Wirkung.
Pharmakokinetische/pharmakodynamische Zusammenhänge
Der wichtigste PK/PD-Parameter zur Vor- hersage der bakteriziden Wirkung von Ami- kacin ist der Quotient aus maximaler Se- rumkonzentration (Cmax) und minimaler Hemmkonzentration (MHK) des Erregers. Ein Cmax/MHK-Verhältnis von 8 : 1 oder 10 : 1 wird für die Abtötung von Bakterien und die Verhinderung eines erneuten Bakterien- wachstums als effektiv betrachtet.
Amikacin besitzt in vitro und in vivo eine post-antibiotische Wirkung. Die post-anti-
biotische Wirkung ermöglicht es, die Dosie- rungsintervalle zu verlängern, ohne dass die Wirksamkeit gegen die meisten Gram- negativen Bakterien beeinträchtigt wird.
Resistenzmechanismen
Eine Resistenz gegenüber Amikacin kann auf folgenden Mechanismen beruhen:
-
Enzymatische Inaktivierung: Die enzyma- tische Modifikation der Aminoglykosid- moleküle ist der häufigste Resistenzme- chanismus. Hierfür sind Acetyltransfera- sen, Phosphotransferasen oder Nukleo- tidyltransferasen verantwortlich, die zu- meist plasmidkodiert sind. Da Amikacin dem Abbau durch Aminoglykosid-inakti- vierende Enzyme widersteht, ist es nach- weislich gegen viele Aminoglykosid-resis- tente Stämme wirksam.
-
Verminderte Penetration und aktiver Efflux: Diese Resistenzmechanismen werden bei Pseudomonas aeruginosa beobachtet. Aktuelle Daten lassen darauf schließen, dass ähnliche Resistenzmechanismen bei Acinetobacter spp. auftreten.
-
Veränderung der Zielstruktur: Modifika- tionen innerhalb der Ribosomen kom- men nur gelegentlich als Ursache einer Resistenz vor.
Es besteht eine partielle Kreuzresistenz von Amikacin mit anderen Aminoglykosid-Anti- biotika.
Klinische Wirksamkeit und Sicherheit
Grenzwerte
Nach EUCAST besitzt Amikacin folgende Grenzwerte:
Organismus | EUCAST Grenz- werte (mg/l) | |
S ≤ | R > | |
Enterobacteriaceae; | 8 | 16 |
Pseudomonas, | ||
Acinetobacter und | ||
Staphylococcus | ||
Nicht speziesspezi- | ||
fische Grenzwerte1* | 8 | 16 |
* Basieren hauptsächlich auf der Serum- pharmakokinetik.
1) Die Grenzwerte beziehen sich auf die intravenöse Anwendung einer Amikacin- Dosis von 15 mg/kg/Tag.
Wirkungsspektrum von Amikacin
Üblicherweise empfindliche Spezies |
Aerobe Gram-positive Mikroorganismen |
Staphylococcus aureus Staphylococcus haemolyticus Staphylococcus hominis0 |
Aerobe Gram-negative Mikroorganismen |
Citrobacter freundii |
Enterobacter aerogenes |
Enterobacter cloacae |
Escherichia coli |
Klebsiella oxytoca |
Klebsiella pneumoniae |
Morganella morganii |
Proteus mirabilis |
Proteus vulgaris0 |
Pseudomonas aeruginosa1 |
Salmonella enterica0 |
Serratia liquefaciens0 |
Serratia marcescens |
Shigella spp. |
Spezies, bei denen erworbene Resistenzen ein Problem darstellen können |
Aerobe Gram-positive Mikroorganismen |
Staphylococcus epidermidis |
Aerobe Gram-negative Mikroorganismen |
Acinetobacter baumannii |
Von Natur aus resistente Spezies |
Aerobe Gram-positive Mikroorganismen |
Enterococcus spp. |
Streptococcus spp. |
Die Prävalenz einer Resistenz gegenüber einzelnen Spezies kann geografisch und zeitlich variieren. Örtliche Informationen zu Resistenzen sind daher wünschenswert, insbesondere bei der Behandlung schwe- rer Infektionen. Erforderlichenfalls ist Exper- tenrat einzuholen, wenn die örtliche Präva- lenz der Resistenz die Nützlichkeit des Wirkstoffs zumindest bei einigen Arten von Infektionen infrage stellt.
Aerobe Gram-negative Mikroorganismen |
Burkholderia cepacia |
Stenotrophomonas maltophilia |
Anaerobe Mikroorganismen |
Bacteroides spp. |
Prevotella spp. |
Andere Mikroorganismen |
Chlamydia spp. |
Chlamydophila spp. |
Mycoplasma spp. |
Ureaplasma urealyticum |
1 Die Resistenzrate von Isolaten besonde- rer Personengruppen wie z. B. Patienten mit zystischer Fibrose beträgt ≥ 10 %.
0 Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung die- ser Tabellen lagen keine aktuellen Daten vor. In der Primärliteratur, Standard-Re- ferenzbüchern und Therapieempfehlun- gen wird Empfindlichkeit als gegeben an- genommen.
Weitere Informationen
Aminoglykoside eignen sich zur Kombina- tion mit anderen Antibiotika zur Behand- lung von Gram-positiven Kokken.
Resorption
Plasmakonzentrationen
Bei oraler Gabe wird Amikacin praktisch nicht resorbiert; es kann nur parenteral ver- abreicht werden. Maximale Serumspiegel werden 1 – 2 Stunden nach Infusion er- reicht. Die Serumhalbwertszeit beträgt 2,2 bis 2,4 Stunden. Bei Frühgeborenen, Neu- geborenen und Patienten mit Nierenversa- gen ist mit einer längeren Halbwertszeit zu rechnen.
Die Verabreichung einer kontinuierlichen intravenösen Infusion von 7,5 mg/kg über 30 Minuten resultiert nach Abschluss der Infusion in einer Serumkonzentration von 38 μg/ml. Bei gesunden Probanden be- tragen nach einer 30-minütigen Infusion von 15 mg/kg die Serumkonzentrationen 77 μg/ml, nach 1 Stunde 47 μg/ml und nach
12 Stunden 1 μg/ml.
Bei älteren Patienten (mittlere Kreatinin- Clearance von 64 ml/min) betragen nach einer 30-minütigen Infusion von 15 mg/kg die Serumkonzentrationen 55 μg/ml, nach 12 Stunden 5,4 μg/ml und nach 24 Stun-
den 1,3 μg/ml.
In Mehrfachdosisstudien konnte bei Perso- nen mit normaler Nierenfunktion bei Ver- abreichung einer Tagesdosis von 15 bis 20 mg/kg keine Kumulation festgestellt werden.
Verteilung
Das apparente Verteilungsvolumen von Amikacin beträgt ca. 24 l (28 % des Körper- gewichts). Die Plasmaproteinbindung be- trägt 4 % bis 10 %.
Nach Verabreichung der empfohlenen Do- sis finden sich therapeutische Konzentra- tionen in Knochen, Herz, Gallenblase, Lun- gengewebe, Urin, Galle, Bronchialsekreten, Sputum, Interstitialflüssigkeit, Pleuraflüssig- keit und Synovialflüssigkeit.
Durch entzündete Meningen diffundiert es ausreichend in den Liquor. Durch gesunde Meningen diffundieren ca. 10 % bis 20 % der Serumkonzentration, dieser Wert steigt bei entzündeten Meningen auf bis zu 50 %.
Der Wirkstoff kumuliert in der Nierenrinde und der Flüssigkeit des Innenohrs und wird aus diesen tiefen Kompartimenten nur lang- sam eliminiert.
Amikacin passiert die Plazentaschranke und geht in die Muttermilch über. Bis zu 20 % der Konzentration im mütterlichen Blut wur- den im fetalen Blut und im Fruchtwasser nachgewiesen.
Biotransformation
Amikacin wird im Körper nicht metabolisiert.
Elimination
Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion beträgt die mittlere Serum-Clearance von Amikacin 100 ml/min und die renale Clea- rance 94 ml/min. Amikacin wird fast aus- schließlich durch glomeruläre Filtration aus- geschieden. Der Großteil (60 – 82 %) der Menge wird innerhalb der ersten 6 Stunden unverändert mit dem Urin ausgeschieden. Über die Galle werden nur sehr geringe Mengen ausgeschieden. Bei normaler Nie- renfunktion werden innerhalb der ersten 8 Stunden 91 % und innerhalb 24 Stunden 95 % der i. m. verabreichten Amikacin-Dosis unverändert mit dem Urin ausgeschieden.
90 % der Amikacin-Dosis können innerhalb von 4 Stunden durch Hämodialyse eliminiert werden.
Kinder und Jugendliche
Daten von Studien zur mehrfach täglichen Dosierung zeigen, dass die Spiegel in der Spinalflüssigkeit bei normalen Säuglingen etwa 10 bis 20 % der Serumkonzentratio- nen betragen und bei Meningitis bis zu 50 % erreichen können.
Intravenöse Verabreichung
Bei Neugeborenen und besonders bei Früh- geborenen ist die renale Elimination von Amikacin reduziert.
In einer einzigen Studie an Neugeborenen (1 – 6 Tage nach der Geburt), die nach dem Geburtsgewicht gruppiert wurden (< 2000, 2000 – 3000 und > 3000 g), wurde Amikacin intramuskulär und/oder intravenös in einer Dosis von 7,5 mg/kg verabreicht. Die Clea- rance bei Neugeborenen > 3000 g betrug 0,84 ml/min/kg und die terminale Halbwerts- zeit etwa 7 Stunden. In dieser Gruppe war das initiale Verteilungsvolumen 0,3 ml/kg und das Verteilungsvolumen im Steady state 0,5 ml/kg. In den Gruppen mit niedrigerem Geburtsgewicht war die Clearance/kg niedri- ger und die Halbwertszeit länger. Wieder- holte Dosierung alle 12 Stunden in allen erwähnten Gruppen zeigte nach 5 Tagen keine Kumulation.