Humatin® Kapseln, 250 mg Hartkapseln
Laktose: Nein
Humatin Kapseln sind für folgende Erkran- kungen bei Erwachsenen indiziert:
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Therapie und Prophylaxe der portosyste- mischen Enzephalopathie
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Präoperative Reduktion der Darmflora
Humatin Kapseln sind für die Behandlung folgender Erkrankungen bei Erwachsenen und Jugendlichen indiziert:
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Therapie des nicht invasiven Amöbenbe- falls des Darmlumens
Die offiziellen Richtlinien für den angemes- senen Gebrauch von Antibiotika sind zu beachten.
Allgemeine Dosierungsempfehlungen für Erwachsene, die immer auf Paromomycin bezogen sind:
Prophylaxe der portosystemischen Enze- phalopathie
Je nach Ausprägung der Symptomatik er- halten Erwachsene eine Tagesdosis von 1 000 bis 2 000 mg.
Therapie der portosystemischen Enzepha- lopathie (z. B. Präkoma und Coma hepati- cum)
Je nach Schwere des Krankheitsbildes er- halten Erwachsene eine Tagesdosis von 35 (bis 75) mg Paromomycin pro kg Körper- gewicht. In Ausnahmefällen kann die Ta- gesdosis bei intakter Nierenfunktion auf maximal 3 000 mg erhöht werden.
Therapiedauer: 2 bis 6 Tage bzw. bis zum Abklingen der Symptomatik.
Präoperative Reduktion der Darmflora Während der letzten 2 präoperativen Tage täglich 4 000 mg Paromomycin (16 Huma- tin Kapseln).
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Bei orthograder Darmspülung können 8 000 bis 10 000 mg Paromomycin etwa 1 Stunde nach Beendigung der Spülung verabreicht werden. Es wird empfohlen, dass diese Verabreichung ca. 12 Stunden vor dem geplanten Eingriff stattfindet.
Therapie des nicht invasiven Amöbenbe- falls des Darmlumens
Erwachsene erhalten eine Tagesdosis von 15 bis 25 (bis 100) mg/kg Körpergewicht über mindestens 5 Tage oder entsprechend erhöhte Tagesdosen bei kürzerer Behand- lungszeit.
Dosierungsbeispiel für Humatin Kapseln Ein Patient mit 50 kg Körpergewicht und einer Tagesdosis von 35 mg/kg KG erhält eine Gesamttagesdosis von 1 750 mg Pa- romomycin, entsprechend 7 Humatin Hart- kapseln.
Die Tagesdosis wird – soweit nicht für spe- zielle Indikationen anders empfohlen – auf mehrere Einzeldosen verteilt, in 6- bis 8-stündigen Intervallen gegeben.
Besondere Patientengruppen
Patienten mit Leberinsuffizienz
Eine Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz ist in der Regel nicht erforderlich.
Patienten mit Niereninsuffizienz Resorbiertes Paromomycin wird haupt- sächlich durch glomeruläre Filtration aus- geschieden. Deshalb sollte Paromomycin bei Patienten mit eingeschränkter Nieren- funktion mit Vorsicht angewendet werden (siehe Abschnitt 5.2).
Kinder und Jugendliche
Paromomycin darf bei Kindern und Jugend- lichen unter 18 Jahren in den Anwendungs- gebieten „Therapie und Prophylaxe der portosystemischen Enzephalopathie“ und
„Präoperative Reduktion der Darmflora“ nicht angewendet werden, da keine Daten vorliegen.
Therapie des nicht invasiven Amöbenbe- falls des Darmlumens
Jugendliche bis 18 Jahre erhalten eine Tagesdosis von 25 bis 35 mg/kg Körper- gewicht über mindestens 5 Tage (auf 3 Ein- zeldosen verteilt).
Art der AnwendungHumatin Hartkapseln werden am besten nach dem Essen eingenommen.
Paromomycin darf nicht angewendet werden
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bei erwiesener Überempfindlichkeit ge- gen den Wirkstoff oder einen der in Ab- schnitt 6.1 genannten sonstigen Bestand- teile. Eine mögliche Kreuzallergie mit an- deren Aminoglykosiden ist zu beachten.
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bei Früh- und Neugeborenen im Alter
< 1 Monat, aufgrund unreifer Nierenfunk- tion (siehe Abschnitt 5.2)
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bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren in den Anwendungsgebieten
„Therapie und Prophylaxe der porto- systemischen Enzephalopathie“ und „Prä- operative Reduktion der Darmflora“, da keine Daten vorliegen.
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bei einer Vorschädigung des Vestibular- oder Cochleaorgans
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bei Myasthenia gravis, Obstipation und Ileus
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in der Schwangerschaft und Stillzeit
Wegen der potenziellen Gefahr oto- und nephrotoxischer Nebenwirkungen darf Pa- romomycin nicht parenteral verabreicht werden (siehe auch Abschnitt 4.9).
Sofortiger Abbruch der Behandlung mit Paromomycin ist erforderlich bei
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Auftreten von schweren, akuten Hyper- sensitivitätsreaktionen (z. B. Anaphylaxie)
und seltenen Hypersensitivitätsreaktionen (z. B. Urtikaria)
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Auftreten von schweren, lang anhalten- den Diarrhoen während oder nach der Therapie (wegen der Möglichkeit einer Antibiotika-assoziierten pseudomembra- nösen Kolitis, meist verursacht durch Clostridioides difficile, die sofort behan- delt werden muss)
Paromomycin sollte mit besonderer Vor- sicht angewendet werden bei
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Patienten mit eingeschränkter Nieren- funktion
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Langzeittherapie mit Paromomycin (z. B. als Prophylaktikum hepatischer Enze- phalopathien)
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Patienten mit Ulzerationen im Magen- Darm-Trakt
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ausgedehnten entzündlich blutenden Lä- sionen der Darmschleimhaut (wegen ge- ringer systemischer Resorption von Paro- momycin)
Es wird empfohlen, bei den oben genann- ten Patientengruppen die Hörfunktion re- gelmäßig zu überprüfen und bei gleichblei- bender Initialdosis die Erhaltungsdosis ggf. zu reduzieren.
Langfristige oder wiederholte Anwendung kann zu Superinfektionen mit resistenten Keimen und Sprosspilzen führen.
Aufgrund seiner minimalen gastrointesti- nalen Resorption bei oraler Anwendung besitzt Paromomycin ein geringes Poten- zial für systemische Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Theoretisch können die gleichen Wechselwirkungen auftreten wie bei systemisch verabreichten Amino- glykosiden.
Bei gleichzeitiger Anwendung von Muskel- relaxanzien vom nicht depolarisierenden Typ kann die neuromuskuläre Blockade vertieft und verlängert sein.
Wegen des erhöhten Nebenwirkungsrisi- kos sollten Patienten besonders überwacht werden, die gleichzeitig oder anschließend mit potenziell oto- oder nephrotoxischen Medikamenten behandelt werden, wie z. B. Amphotericin B, Colistin, Ciclosporin, Cis- platin, Vancomycin, Schleifendiuretika wie Etacrynsäure und Furosemid.
Schwangerschaft
Während der Schwangerschaft ist die An- wendung von Paromomycin kontraindiziert. Da eine systemische Wirkung nicht voll- ständig auszuschließen ist, kann ein em- bryotoxisches/ teratogenes Risiko im 1. Tri- menon und ein fetotoxisches Risiko im 2. und 3. Trimenon nicht ausgeschlossen wer- den. Während der gesamten Schwanger- schaft sind toxische Schäden am Gehör möglich.
Stillzeit
Da der Übergang in die Muttermilch unge- klärt ist, sollte unter einer Behandlung mit
1
Humatin® KapselnParomomycin auf das Stillen verzichtet werden.
Es wurden keine Studien zu den Auswir- kungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen durchgeführt.
Die am häufigsten gemeldeten Nebenwir- kungen sind breiige Stuhlentleerung und Durchfall. Ferner wurden für Paromomycin als schwerwiegende Nebenwirkungen Hy- persensitivitätsreaktionen und Antibiotika- assoziierte pseudomembranöse Kolitis be- richtet.
Nebenwirkungen von Antibiotika (Klassen- effekt)
Beim Auftreten von schweren, lang anhal- tenden Diarrhoen während oder nach der Therapie mit Paromomycin kann sich da- hinter eine Antibiotika-assoziierte pseudo- membranöse Kolitis verbergen, die sofort behandelt werden muss.
Nach Feststellung (Diagnose) einer pseudo- membranösen Enterokolitis ist ärztlicher- seits ein Abbruch der Behandlung mit Hu- matin Kapseln zu erwägen und eine ange- messene Behandlung einzuleiten (Einnahme von speziellen Antibiotika/ Chemotherapeu- tika, deren Wirksamkeit klinisch erwiesen ist). Arzneimittel, die die Peristaltik hem- men, sind kontraindiziert.
Bei Auftreten von seltenen Hypersensitivi- tätsreaktionen, wie z. B. Urtikaria und schwe- ren, akuten Hypersensitivitätsreaktionen, wie
z. B. Anaphylaxie, muss die Therapie mit Paromomycin sofort abgebrochen und die entsprechenden Notfallmaßnahmen (z. B. Gabe von Antihistaminika, Kortikosteroiden, Sympathomimetika und ggf. Beatmung) müssen eingeleitet werden.
Siehe Tabelle
Tabelle der Nebenwirkungen
Kinder und Jugendliche
Auf Basis der vorliegenden Daten ist bei Kindern und Jugendlichen das gleiche Ne- benwirkungsprofil zu erwarten wie bei Er- wachsenen.
Meldung des Verdachts auf Nebenwir- kungenDie Meldung des Verdachts auf Nebenwir- kungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuier- liche Überwachung des Nutzen-Risiko-Ver- hältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medi- zinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt- Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn, Website: http://www.bfarm.de anzuzeigen.
Symptome einer Überdosierung
Da Paromomycin bei intakter Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts kaum in den Blut- kreislauf resorbiert wird, ist bei einer gerin- gen Überdosierung von Humatin Kapseln kaum mit Vergiftungserscheinungen zu rech- nen (siehe aber bezüglich der Möglichkeit der Ototoxizität Abschnitt 4.3).
Pharmakotherapeutische Gruppe Paromomycin ist ein bakterizid wirkendes Aminoglykosid-Antibiotikum zur enteralen Anwendung mit einem breiten Wirkungs- spektrum.
ATC-Code A07AA06
Wirkmechanismus
Wie andere Aminoglykoside wirkt Paromo- mycin bakterizid. Es hemmt die Proteinsyn- these empfindlicher Keime, indem es an die 30S-Untereinheit der bakteriellen Riboso- men bindet, eine fehlerhafte Ablesung des genetischen Codes bewirkt und so die Translokation hemmt.
Beziehung zwischen Pharmakokinetik und Pharmakodynamik
Die Wirksamkeit hängt im Wesentlichen von der Zeitdauer ab, während der die Wirk- stoffkonzentration oberhalb der minimalen Hemmkonzentration (MHK) des Erregers liegt.
Resistenzmechanismen
Häufigster Resistenztyp
Plasmid-vermittelte Resistenz ermöglicht resistenten Bakterien, Paromomycin durch Acetyltransferasen, Phosphotransferasen und Adenyltransferasen zu verstoffwech- seln. Die dabei entstehenden Metaboliten von Paromomycin können zwar mit dem unveränderten Paromomycin um den intra- zellulären Transport konkurrieren, aber sie blockieren nicht die ribosomale Proteinsyn- these der Bakterien.
Zweithäufigster Resistenztyp Verminderte Permeabilität der zytoplasma- tischen (inneren) Zellmembran von Bakte- rien kann zur Resistenz führen, da in die- sem Fall Paromomycin nicht mehr an sei- nen Wirkort gelangen kann.
Seltener Resistenztyp
Veränderungen der ribosomalen Bindungs- stelle von Paromomycin können in seltenen Fällen die Bindung von Paromomycin ver- hindern und es so unwirksam machen.
Zwischen Paromomycin und Kanamycin bzw. Paromomycin und Neomycin besteht eine vollständige Kreuzresistenz der Erre- ger, und zwischen Paromomycin und Strep- tomycin besteht eine partielle Kreuzresis- tenz der Erreger.
Grenzwerte
Es werden für Paromomycinsulfat die nach- folgend aufgeführten minimalen Hemmkon- zentrationen (MHK) vorgeschlagen:
Erreger | MHK |
Sensitive Keime | ≤ 2 mg/l |
Keime mit mittlerer Empfindlichkeit | keine Daten verfügbar |
Resistente Keime | keine Daten verfügbar |
Organsystem | Sehr häufig (≥ 1/10) | Häufig (≥ 1/100,< 1/10) | Gelegentlich (≥ 1/1 000,< 1/100) | Selten(≥ 1/10 000,< 1/1 000) | Sehr selten (< 1/10 000) | Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar) |
Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems | Eosinophilie | |||||
Erkrankungen des Immunsystems | Hypersensitivi- tätsreaktionen wie Urtikaria | schwere, akute Hyper- sensitivitätsreaktionen wie Anaphylaxie | ||||
Erkrankungen des Nervensystems | Kopfschmerzen Schwindel- gefühl | |||||
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts | breiige Stuhl- entleerungen Durchfall | Malabsorptions- syndrom | Pankreatitis Erbrechen Magenkrämpfe Appetitlosigkeit ÜbelkeitMagen- oder Bauch-schmerzen | |||
Erkrankungen der Nieren und Harnwege | ungeklärte Hämaturie |
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Humatin® KapselnParomomycin wird bei nicht geschädigter Schleimhaut aus dem Gastrointestinaltrakt kaum resorbiert. Sogar bei hohen oralen Dosen bzw. bei gestörter Magen-Darm- Funktion oder Ulzerationen im Darm wer- den nur sehr geringe Blutspiegel nachge- wiesen.
Nach Gabe von 10 g Paromomycin lagen die aus den Serumspiegelverläufen berech- neten Maximalkonzentrationen im Mittel bei 3,6 μg/ml ± 3,0 μg/ml; die Halbwertszeit der Elimination betrug 2,6 Stunden; der Zeitverlauf der Serumkonzentration konnte durch ein offenes Einkompartimentmodell beschrieben werden. Eine Metabolisierung im Organismus findet nicht statt. Die Elimi- nation erfolgt überwiegend in unveränder- ter Form über den Gastrointestinaltrakt. Resorbiertes Paromomycin wird überwie- gend in unveränderter Form renal eliminiert.
Bei niereninsuffizienten Patienten sowie bei Früh- und Neugeborenen muss mit einer Verlängerung der Halbwertszeit von resor- biertem Paromomycin gerechnet werden.